Webwecker Bielefeld: tierpraeparation

Deutsch-türkische Tierpräparation (22.02.2006)





Präparator Holger Boden zeigte am Beispiel eines Papgeis, wie es geht



Von Manfred Horn

Das Bielefelder Naturkundemuseum (namu) geht auf die türkeistämmigen Migranten in Bielefeld zu. Serif Cetin, der im namu die Verwaltung schmeißt, hat in der Vergangenheit festgestellt, dass nur ganz wenige Migranten das Museum besuchen. Daran wollte er etwas ändern und ist auf die Museumsleitung zugegangen. Die wiederum gewann den Förderverein für die Idee. Nun fand am vergangenen Sonntag bereits der dritte deutsch-türkische Familientag im Museum statt.

15 Kinder und deren Eltern waren gekommen, um sich anzuschauen, wie Tiere präpariert werden. Holger Boden, der schon seit Jahren für das namu Tiere in eine museale Form bringt, hat dafür einen Papagei mitgebracht. Bevor die Kinder gucken kommen, hat er bereits die Innereien herausgenommen. Von dem Papagei blieb so nur noch die Haut, die Federn und einige Knochen übrig. Mit Hilfe von Metallstangen wird der Papagei in die richtige Form gebracht, kleine Glasaugen ersetzen die echten. Dann wird noch etwas eingefüllt, das wie ein kleiner Stoffsack ausieht. Von innen wird der Papagei mit einer salzhaltigen Lösung bestrichen.

Zuvor ist der Papagei bereits ausgenommen worden, in einer Waschmaschine und in einer Schleuder gelandet. Dann wird er gefönt. Nur so lange die Federn noch feucht sind, lässt sich der Papagei in Form bringen. Denn das Salz verhärtet die Haut und auch den Federschmuck. Die Kinder nähern sich mit Neugier dem Präparator und seiner Arbeit. Eine gewisse Skepsis und Zurückhaltung sind aber auch dabei: Denn der Papagei sieht zwar von außen nach wie vor schön aus, man kann aber auch in sein Inneres schauen: Und das ist weniger appetitlich.

Die Kinder kommen aber nicht nur zum Gucken. Mit Hilfe der Museumspädagogin Anke Meier kneten sie aus Salzteig Igel, Holzstäbchen ergeben schließlich die Stacheln. Eltern basteln mit ihren Kindern gemeinsam. Damit türkeistämmige Kinder und ihre Eltern das namu überhaupt wahrnehmen, ist Cetin durch die türkischen Kulturvereine in Bielefeld gereist. Besonders die Frauenvereinigungen dort hat er angesprochen. Denn die Frauen sind der Schlüssel zu einem Besuch im Museum, weiß Cetin. »Am Anfang hatten wir Skepsis, ob überhaupt jemand kommen würde«, gibt Godehard Franzen vom Förderverein zu. Doch schon an den Sonntagen im Dezember und Januar, wo es um Ötzi und um Gesteine ging, kamen viele Kinder. Die Aktion ist ein Erfolg – und soll noch mindestens ein Jahr weitergehen.


Kulturell bedingte Unterschiede beim Zugang

Der Familientag soll Migrantenkinder ins Museum bringen – ihnen Natur vermitteln und die Integration vorantreiben. »Kulturell bedingt gibt es da große Unterschiede im Zugang zur Natur«, erklärt die Museumspädagogin Meier. Natur ist eine Erfindung der Aufklärung, zuvor gab es keinen expliziten Begriff davon. Die Deutschen wiederum sind ganz groß daran, Natur zu kulturalisieren. »Der Naturzugang hier ist historisch von großbürgerlicher Prägung«, sagt Franzen. »Es sind die Deutschen, die den Wald so lieben«, ergänzt Meier. Die Natur wird dabei heftig romantisiert – und auch geordnet. Die türkische Kultur, soweit man sie als eine Einheit betrachten kann, hat einen unvermittelteren Zugang: Natur ist das Draußen. Und da geht man nicht unbedingt hin, um sie sich zu erlaufen. So sind auf den Hauptstrecken der sonntäglichen Spaziergängerrouten vor allem Deutschlandstämmige anzutreffen.