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»Kronjuwel des Systems« (18.01.2006)





Walden Bello: Das Globalisierungsprojekt ist in einer Legitimationskrise. Fotos: Pressestelle der Universität





»Wohlstand für alle«. Nicht mehr und nicht weniger versprachen die Befürworter der Globalisierung den Menschen auf dem Globus. Dass das nicht funktionierte ist für Walden Bello, Träger des Alternativen Nobelpreises 2003, kein Wunder. »Die Globalisierung war immer ein von den Konzernen gesteuerter Prozess, es geht da um deren Profite«, erklärte der philippinische Soziologieprofessor bei einem Vortrag am Montag in der Universität. In dem skizzierte er Aufstieg und Krise der Institutionen, die die Globalisierung vorantreiben sollen, Welthandelsorganisation (WTO), Weltbank und Währungsfonds (IMF).



Von Mario A. Sarcletti

Normalerweise ist die Zahl der Zuhörer bei politischen Vorträgen in der Universität recht überschaubar. Aber während sich oft nur eine Handvoll Zuschauer abends in die Hörsäle verirrt, war Hörsaal 3 am Montag zum Bersten gefüllt. Und das, obwohl in den vielen Ankündigungen der Veranstaltung, die in der Universität aushingen, ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Vortragssprache Englisch ist. Wie im normalen Unialltag saßen die Zuhörer dennoch auch auf den Stufen dicht gedrängt, auch vor dem Rednerpult lauschten viele Interessierte dem Vortrag von Walden Bello, einem der Vordenker der Globalisierungskritik.

Dass der Soziologieprofessor an den Universitäten Bangkok und Manila ein echter Hochkaräter und eine Herausforderung für den Mainstream im wissenschaftlichen Diskurs ist, betonte auch Thomas Faist vom Arbeitsgebiet »Transnationale Beziehungen und Entwicklungssoziologie« der Fakultät der Soziologie, die einer der Veranstalter des Abends war. Denn Bello hält die Globalisierung nicht wie viele andere Experten für einen unumkehrbaren Prozess, glaubt dass eine andere Welt möglich ist.

»Walden Bello ist wahrlich ein öffentlicher Intellektueller«, lobte Faist den Star des Abends, »der strenge wissenschaftliche Forschung und öffentlichen politischen Aktivismus miteinander verbindet«. Als Beispiel für das politische Engagement des Princeton-Absolventen nannte Faist etwa dessen Rolle bei der Demokratisierung der Philippinen, beim Weltsozialforum in Porto Allegre und bei den Protesten gegen die Tagung der Welthandelsorganisation WTO in Seattle.

Von den aktuellen Protesten gegen die WTO-Tagung in Hongkong, von denen er fast direkt nach Deutschland kam, berichtete Bello auch bei seinem Vortrag. Mitte Dezember fand die Tagung statt, begleitet von massiven Protesten. Das Treffen von einhundertvierzig Regierungen sei existenziell für die Organisation gewesen, so Bello. Es sei um das Überleben der WTO gegangen, nachdem bereits die Treffen in Seattle und Cancun gescheitert waren. »Wäre auch Hongkong gescheitert, hätte das die Rolle der WTO als Motor der Globalisierung in Frage gestellt«, erklärte Bello.

Dass die Konferenz scheitert, war bis zum letzten Konferenztag möglich. Die Entwicklungsländer waren gegen eine Einigung, unterstützt wurden sie von regierungsunabhängigen Organisationen, deren Demonstrationen mit Tränengas und Verhaftungen bekämpft wurde. »Es gibt immer noch drei Aktivisten, die wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz im Gefängnis sitzen«, berichtete Bello. Schließlich stimmten aber auch Kuba und Venezuela der Abschlusserklärung mit Vorbehalten zu, die WTO war mit einem dunkelblauen Auge davongekommen. »Die Erklärung hat eine Tendenz gegen die Entwicklungsländer«, urteilt Bello über das Ergebnis von Hongkong.