Webwecker Bielefeld: Schwitzkasten

Im Schwitzkasten



Von Harald Manninga

Sieben Leute, sieben verschiedene Geschichten, die aber doch zusammen gehören. Eine Stewardess, die den Job verliert. Ein impotenter Langzeitarbeitsloser. Eine Stützeempfängerin mit Studienabschluss, die sich für die Frauen in Ruanda engagiert. Ein Literaturprofessor, der für seine Frau nebenbei Bundestagsreden schreibt. Und die Ex-Frau des Impotenten, die wie angestochen allen Menschen, die sie trifft Parfüms, Versicherungen und weitere solche Dinge verkauft oder das zumindest versucht. Sie alle treffen sich jeden Donnerstag im »Schwitzkasten«, dem Saunabetrieb von Nadinchen und Jobst Molinski: Nadinchen ist gelernte Bademeisterin und ihr Bruder Jobst macht Buchführung und die Aufgüsse, außerdem versucht er überall zu sparen, wo es nur geht, und hat dafür die merkwürdigsten Einfälle, die jedoch meist schiefgehen.

Das klingt erstmal verwirrend, aber es gelingt dem Iren Moore (»Pigs will fly«), der schon sehr lange in Deutschland lebt und arbeitet, in etwa mühelos, diese Geschichten und Geschichtchen durch den Hauptschauplatz zu einer herrlich komischen Einheit zusammen zu führen. In etwa die genau richtige Mischung an Gags und Randbemerkungen, konsequent durchgehaltene Charaktere, konsequentes Spiel auf hohem Niveau, bei der die Freude und der Spaß, den das allen Beteiligten gemacht haben muss, sich schön leichtfüßig auf den Zuschauer überträgt.

Das ist vielleicht an sich schon ungewöhnlich genug, denn allein das Thema, Arbeitslosigkeit und Hartz IV und alles sowas, reizt von sich aus ja nicht unbedingt zum Lachen, und man könnte fürchten, dass hier irgendwann doch mal die Moralkeule aus dem Sack geholt wird. Wird sie aber nicht, sondern die Schicksale der Beteiligten werden ganz einfach nur erzählt und der Sachverhalt von verschiedenen Standpunkten aus beleuchtet.

Vielleicht liegt die Qualität des Films mit an der »Methode«, mit der Moore seine Filme angeht: Am Anfang gibt es nur ein kleines Exposé, und das eigentliche Drehbuch wird von allen Beteiligten gemeinsam durch Improvisation und gegenseitigen Ideenaustausch erarbeitet. So haben die Schauspieler die Möglichkeit, sich selbst maximal in die Entwicklung des Charakters, den sie verkörpern, einzubringen und die Figur sich selbst anzupassen. Wie Moore glaubhaft versichern kann, dauert diese Methode auch nicht unbedingt länger als die Erarbeitung eines Drehbuchs durch einen einzelnen Autor. Es kommen aber augenscheinlich die besseren Filme dabei heraus. Zumindest in diesem Fall ist das jedenfalls hervorragend gelungen. Wie sagte eine Zuschauerin nach dem Film auf dem Gang: »Irgend so a Spannung hams da aufgebaut, gell?« Ja, in der Tat. Und eine ungemein witzige obendrein.

Wann der Film anläuft steht noch nicht fest, die Verleihverhandlungen beginnen grad erst. Ein Interessent hat in Hof im Publikum gesessen und Moore angesprochen. Wünschen wir den Verhandlungen viel Erfolg und den Kinogängern einen baldigen Kinostart!