Von Harald ManningaAuf Filmfestivals Dokus übers Filmemachen zu zeigen, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Denn schließlich ist man in Hof ja vor allem zusammengekommen, um dem Film als Kunstform zu huldigen.
Natürlich hört man allenthalben Dinge darüber, wie schwer es ist, ein Filmprojekt zu finanzieren, aber trotzdem... Und es ist halt aber so, Film ist auch und nicht zuletzt ein Produkt und eine Ware, in der viel Geld steckt und die Gewinn machen soll. In Hollywood, und überall sonst auch, ist Filmemachen ein knallhartes Geschäft. Etwas davon zeigt Veit Helmer in seinem neuen Film.
Siebzig Stunden Material hat Regisseur Helmer in drei Monaten in Los Angeles zusammengedreht, daraus hat Cutter Vincent Assmann in etwa einem Jahr Arbeit einen Film von siebzig Minuten geschnitten, der eine Geschichte erzählt: Wie geht das eigentlich mit dem Filmstarwerden? Anlass zu diesem Film, oder jedenfalls einer der Anlässe dazu waren Helmers Erzählungen, der schon häufiger in den USA gedreht hat. Erzählungen darüber, wie man da drüben Rollenbesetzungen für Filme zurechtkriegt, die man ihm nicht geglaubt hat.
Und wirklich erscheint in diesem Film einiges nahezu unglaublich. Zum Beispiel die Naivität einer gerade angereisten Schauspielerin aus Singapur, die auf der Fahrt vom Flughafen zum Hotel vor sich hin träumt, dass sie wohl leider erst mal einen Oscar für eine Nebenrolle bekommen muss, bevor sie in großen Rollen besetzt wird. Aber vielleicht hat sie ja auch Glück, und sie kommt gleich an eine Hauptrolle und bekommt dafür einen Oscar... Man siehts und hörts und lächelt: Wach auf, Mädel, du bist grad erst in Los Angeles angekommen, sieh erstmal zu... - Höhö, wir kennen das ja. Wie war das damals noch mit Suusn Stärnkie oder wie die hieß? Die mit der Kamerafahrt durch den eigenen Verdauungstrakt?
Nix kennen wir! Helmer zeigts uns dann ja aber. Dass wahrscheinlich 80% des Erfolgs eines Filmes von der Besetzung abhängen, wie ein casting director in einer der Intervieweinspielungen selbstbewusst behauptet. Und wieso das so ist. Er zeigt das z.B. anhand der Arbeit von Casting Director Zora Dehorter, einer Frau, die vor Jahren selbst aus England nach Los Angeles kam, um dort Filmstar zu werden. Als sie feststellte, dass das zu hart für sie ist, wechselte sie die Seiten und berät jetzt Regisseure bei der Besetzung ihrer Filme.
Denn merke als eine der Lehren aus diesem Films: Im Filmgewerbe verdienen alle, auch Leute, die nur am Rande mit dem eigentlichen Filmgeschäft zu tun haben. Außer den Schauspielern, die kommen ganz zuletzt dran, wenn überhaupt. Teure Fotografen für »Bewerbungsbilder«, die im Jargon head shots heißen. Ab damit zum teuren Retuscheur, um Fältchen oder Blutergüsse wegmachen und die Haare voller aussehen zu lassen. Einen Agenten braucht man, denn Castingbüros nehmen »Initiativbewerbungen« und dergl. von hoffnungsvollen Talenten gar nicht erst an. Auch mit den Agenten-Vorschlägen allein kommt nämlich derart viel Post zusammen, dass es Leute gibt, die den nahezu den ganzen Arbeitstag lang nichts anderes tun als Briefumschläge aufzumachen. Und dann gibts jede Menge Ratgeberliteratur, wie man zu Starruhm gelangt, die man ruhig kennen sollte, sonst macht mans garantiert falsch. Falsch ist es zum Beispiel, ohne solide Schauspielausbildung anzutreten. Undundund. Das Gerücht von der Couch, auf der man sich bei ProduzentInnen und RegisseurInnen zu Hauptrollen hochschlafen kann, kann man jedenfalls komplett vergessen.