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Ausdruckslos



»NVA«

Von Harald Manninga

Nach Erfolgsfilmen wie »Herr Lehmann« und der DDR-Komödie »Sonnenallee« versucht Regisseur Leander Haußmann nun, seine Erfahrungen als junger Rekrut in der Nationalen Volksarmee in Filmform zu gießen. Er selbst versteht diesen Film dabei, wie er in Interviews häufiger sagt, als seine »ganz persönliche Rache« an seiner Armeezeit in der DDR. Trotzdem sei dieser Film »kein Ostfilm, sondern Teil der gesamtdeutschen Geschichte,« wie er ebenfalls gern betont. Ersteres mag ja richtig sein, nur: Wie »rächt« man sich wirksam an was oder wem, das oder den es gar nicht mehr gibt? Letzteres mag ebenfalls richtig sein, aber einen erkennbaren »Ostfilm« zu machen, wäre vielleicht besser gewesen. So ist er nur bedingt ein »gesamtdeutsches« Werk, auch wenn am Ende der »Mauerfall« eine Rolle spielt, sondern eher ein Allerweltsfilm.

Der 19jährige Henrik Heidler (Kim Frank, im bisherigen Hauptberuf Sänger bei der Gruppe »Echt«) und der gleichaltrige vornamenlose Krüger (Oliver Bröker) ziehen Ende der 80er Jahre zusammen mit vielen anderen Leidensgenossen in die »Fidel-Castro-Kaserne« ein, um dort ihren Militärdienst abzuleisten und zu wehrbereiten Verteidigern der glorreichen Werte und Errungenschaften der DDR herangedrillt zu werden.

Viel mehr braucht man eigentlich nicht zu wissen, um sich vorstellen zu können, wie das wohl aussieht. Dass dieser Film nicht sonderlich viel an DDR-spezifischen Dingen zu bieten haben wird, hat Haußmann (s.o.) ja schon angedeutet, und so entpuppt sich dieser Film schon ab den ersten Minuten als leider nur eine weitere Militärklamotte. Gezeigt wird im Wesentlichen eine Aneinanderreihung einer Menge Episoden aus dem militärischen Alltag, die beim Erleben so schrecklich sind, wie sie beim Betrachten komisch erscheinen.

Oder zumindest erscheinen können: Hie und da blitzt zwar durchaus der nahezu tragische Irrwitz des Militärwesens auf, etwa wenn im Gelände alle Rekruten in albernen Schutzanzügen nahezu blind durch den Wald stolpern, weil die Augengläser der Gasmasken vom eigenen Atem beschlagen sind, oder wenn Übungshandgranaten nicht wie vorgesehen explodieren, oder wenn es um die politische Schulung zur Einschwörung auf den potentiellen Feind geht, der mit dem Schlager »Ein Bett im Kornfeld« angeblich einen typisch kapitalistisch folgerichtigen Lobpreis auf die Obdachlosigkeit singt. Insgesamt aber bleibt die so dargestellte »NVA« vor allem eben bei solchen punktuellen Witzigkeiten stehen, wie sie wohl in jeder Armee immer mal vorkommen, und das ist etwas wenig und rechtfertigt nicht einmal den Titel des Films, der ja etwas anders verspricht.

Zwar versuchen die Darsteller, allen voran Kim Frank und Oliver Bröker sowie ein etwas gealterter Detlev Buck als Kasernenchef Oberst Kalt, allem Anschein nach ihr Bestes, und das ist nicht gerade wenig. Allein Kim Franks Gesichtsausdruck beim Einzug in die Kaserne, wo er mit großen Augen um sich schaut wie ein verschrecktes Kaninchen, um im weiteren Verlauf seines Aufenthalts doch zu lernen, wie man beim Befehl »Schtiilll-schtan!« das geforderte »ausdruckslos kucken« anknipst, ist sehr sehenswert. Und wie Oliver Bröker die Ummodelung vom renitenten und schlagfertigen Anarcho zur funktionierenden Soldatenmaschine bringt – das macht er ziemlich prima! Auch ein strammer Kasernenkommandeur, der privat ausgerechnet Katzen als Haustiere liebt, hat schon seine eigene feingesponnene Ironie.

Frank Griebe als Kameramann (z.B. »Lola rennt«) zeigt hier außerdem wieder, dass er ein wahrer Meister ist und wahrscheinlich alle seine Preise (auch schon den Bundesfilmpreis) mit Recht bekommen hat.

Die Schwächen des Drehbuchs mit seinen Schubladencharakteren und meist erwartbaren Situationen werden dadurch aber nicht ausgeglichen, auch wenn es hie und da zwar einige echt gelungene Pointen gibt. Klamotte bleibt trotzdem Klamotte.