Zwei ungleiche SchwesternVon Harald ManningaGottseidank kommen ja aus Frankreich von Zeit zu Zeit nicht nur missglückte Comic-Adaptionen in die deutschen Kinos, sondern auch mal gelungene Komödien mit etwas Tiefgang.
In ihrem ersten großen Film bearbeitet Alexandra Leclère (Buch und Regie) ein Thema weiter, das schon ihrem allerersten Film aus dem Jahr 2003, »Bouche à bouche«, zugrunde lag, einem Siebenminüter, der von der französischen Kritik sehr gut aufgenommen wurde.
Louise und Martine sind Schwestern, allerdings sehr unterschiedlich. Martine (Isabelle Huppert) lebt in Paris als frustrierte und gefühlskalte Society-Zicke, Louise (Catherine Frot) ist zu Hause in Les Mans geblieben und arbeitet dort als Kosmetikerin. Nachdem man sich drei Jahre lang nicht mehr gesehen hat, quartiert sich Louise in Paris bei der Schwester für ein Wochenende ein: Sie hat nämlich ein Buch geschrieben und will sich mit einem Verleger treffen.
Louise ist ihrer Schwester peinlich. Als echtes Landei hat sie keine Ahnung vom Pariser Dress-Code, stolpert etwas naiv und schwer beeindruckt von der großen Stadt leicht tolpatschig durch die Gegend. Sie hat mit ihrer Frische und, klar, man ahnt es: »Natürlichkeit« jedoch bald die Menschen auf ihrer Seite. Die Kälte, Missgunst und Frustriertheit, ja Bosheit der Martine sticht dadurch nur umso mehr hervor.
Was erstmal wie ein bekanntes Muster aussieht, bekommt vor allem durch das Spiel der großen Huppert und der (in Deutschland) etwas unbekannteren Catherine Frot eine sehr erfreuliche Dichte und Tiefe. Eigentlich komisch ist in dieser Komödie zwar nicht viel. Dafür ist allein der steinerne Gesichtsausdruck von Huppert doch zu unveränderlich und giftig. Gerade dieser so gut wie nie veränderte Ausdruck macht die Geschichte jedoch nur umso glaubwürdiger, und umso schöner wird der Kontrast zur Lebenslust, die Catherine Frot ausstrahlt.
Dieser Kontrast, dessen Auflösung sich zwar hie und da einmal andeutet, aber nie Wirklichkeit wird, bleibt das dramaturgisch tragende Element, bis zum Ende. Als Martine ihre Schwester nach drei Tagen wieder am Bahnhof abliefert, scheint sie zwar etwas begriffen zu haben, aber ein neues Leben beginnt wohl nur für Louise, die jetzt stolze Schriftstellerin ist.
Ein gelungenes Regiedebut mit starken Darstellern, viel Gefühl und gerade noch leicht genug, um nicht ins tiefgründige Schwafeln zu kommen.