Webwecker Bielefeld: spuren04

Fast vollständig ausgelöscht (Teil 4)





Eine der ganz wenigen Spuren jüdischen Lebens im Hinterhof:
Türsturz des 1767 errichteten Hauses von Nathan Spanier.



Auch hier trägt eine ältere Teilnehmerin eigene Erfahrungen zur Führung bei. Ihre Mutter und ihr Onkel hätten bei dem Unternehmen gearbeitet, berichtet sie. »Da gab es eine Kantine und die Lehrlinge mussten in der Mittagspause einen Spaziergang hoch zur Sparrenbug machen«, beschreibt sie den besonderen Umgang mit Arbeitnehmern. Das Textilhaus wurde später arisiert. Dorothee Meyer zu Bentrup führt dazu aus: »Bis 1938 erhielten die jüdischen Besitzer noch halbwegs realistische Preise, danach mussten sie weit unter Wert verkaufen«.

Mit Textilien hat auch das älteste Objekt ihrer Führung zu tun, das ehemalige Haus Gläntzer am Gehrenberg, das 1767 von Nathan Spanier errichtet wurde. Hier erläutert Meyer zu Bentrup die Stellung jüdischer Geschäftsleute für die in Bielefeld so wichtige Textilindustrie. Der maßgebliche Produzent für die Ausstattung von Wanderburschen sei das Unternehmen Mosberg gewesen. »Hast du schon deinen Bielefelder gekauft«, sei die gängige Frage an Handwerksburschen vor dem NS-Regime gewesen. Selbst nach der Arisierung habe das Nachfolgeunternehmen deshalb den Namen Mosberg behalten.

Der Name Mosberg taucht auch am Ende der Spurensuche noch einmal auf. Gegenüber der Kunsthalle an der Alfred-Bozi-Straße besaß Bernhard Mosberg eines der so genannten Judenhäuser. Bis zu 50 Menschen waren in dem Gebäude untergebracht. Mosberg war Facharzt für Othopädie in den von-Bodelschwinghschen Anstalten, nachdem sein Vertrag dort nicht verlängert wurde, eröffnete er an der Alfred-Bozi-Straße eine eigene Praxis. 1938 floh Mosberg zu seiner Tochter nach Holland. Aber auch er konnte sich durch die Flucht nicht retten. Er wurde in Auschwitz ermordet. Vor dem Haus sind drei kleine Spuren jüdischen Lebens zu sehen: Seit kurzem erinnern drei »Stolpersteine« an Mosberg, seine Frau und seine Tochter.


Die Volkshochschule bietet die Führung etwa zwei Mal pro Jahr an. Über Bielefeld Marketing können Gruppen die Spurensuche zudem buchen, 4 Euro (ermäßigt 2,50) kostet sie pro Person