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Fast vollständig ausgelöscht (Teil 3)
Turnerstraße: Wo einst eine Synagoge stand, erinnert heute ein Gedenkstein
Er erinnert sich auch, dass am Kesselbrink eine Wache der Freiwilligen Feuerwehr gewesen sei, schräg gegenüber der nächsten Station der Spurensuche. In der Turnerstraße, da wo heute die Bielefelder CDU ihren Sitz hat, stand bis zur Pogromnacht die Synagoge. Eigentlich die neue Synagoge, sie wurde 1905 errichtet, als die Synagoge am Klosterplatz zu klein geworden war. Am 9. November 1938 brannte sie nieder, obwohl die Feuerwache direkt gegenüber lag. »Aber die Wehrleute durften nicht ausrücken«, wie der Zeitzeuge berichtet.
Liberale Gemeinde
Dorothee Meyer zu Bentrup kann deshalb nur ein Foto der Synagoge zeigen. Anhand dessen beschreibt sie noch einmal die liberale Haltung der Bielefelder Juden, Teile der Fassade zitieren Landgericht und Rathaus. »Das sind typische Stilelemente der Weserrenaissance«, weiß Meyer zu Bentrup. Zudem hatte die Bielefelder Synagoge eine Orgel, Psalme aus dem Alten Testament wurden auch auf Deutsch vorgetragen. Orthodoxe Juden feierten deshalb einen getrennten Gottesdienst.
Den Nationalsozialisten war das egal. Bei einer Feier in der Oetker-Halle zum Jahrestag des Hitler-Putsches von 1924 wurden die Bielefelder für die Pogrome angeheizt. Danach brannte die Synagoge, jüdische Geschäfte wurden geplündert. »Die Menschen haben auf der Straße vor den Geschäften Schuhe und Kleidung anprobiert«, berichtet Dorothee Meyer zu Bentrup. Die Westfälischen Neuesten Nachrichten feierten das Pogrom anschließend als »Antwort an das Judenpack«.
Von der Turnerstraße führt die Spurensuche die Gruppe zum Rathausplatz. Zum einen, da sich dort, wo heute das Neue Rathaus steht, die Auguste-Viktoria-Schule für höhere Töchter befand. Da das zweite Bielefelder Gymnasium für Mädchen christlich geprägt war, sei hier der Anteil jüdischer Schülerinnen hoch gewesen. »Zehn bis fünfzehn Prozent waren jüdischen Glaubens«, sagt Meyer zu Bentrup. Der hohe Anteil jüdischer Mädchen sei auch von der Einstellung der jüdischen Bevölkerung zu Bildung verursacht, denn Bildung und Ausbildung hätten in dieser Bevölkerungsgruppe einen überdurchschnittlichen Stellenwert besessen. »Die Erfahrung hatte sie gelehrt: Man konnte ihnen alles nehmen, und das hat man auch getan, nur nicht die Bildung«, erklärt die Stadtführerin.
Sie geht auch auf zwei mehr oder weniger prominente Mitglieder der Auguste-Viktoria-Schule ein. Die eine war Ruth Florsheim, die vor den Nazis fliehen konnte und als gelernte Buchbinderin die israelische Verfassung gebunden hat. Nach dem anderen war bis vor einigen Jahren eine Schule in Bielefeld benannt: Bernhard Bavink, nach dem bis in die 90er Jahre das Gymnasium am Waldhof benannt war, war Lehrer an der Auguste-Viktoria-Schule und hatte bereits 1934 erste Vorträge über Rassehygiene gehalten.
Der zweite Grund, warum Dorothee Meyer zu Bentrup ihre Zuhörer zum Rathausplatz führt, ist das Verhalten des Bielefelder Rats gegenüber den Nationalsozialisten. Nach den Eingemeindungen 1930 habe es unklare Mehrheitsverhältnisse in der Ratsversammlung gegeben, keine der großen Parteien hatte die Mehrheit um ihren Kandidaten als Leiter der Stadtverordnetenversammlung durchzusetzen. »Da hat man beschlossen, dass es einer von einer kleine Ratsfraktion sein sollte«. Gewählt wurde Emil Irrgang von der NSDAP. Die Folge war, dass schon im selben Jahr die Hakenkreuzfahne über der Sparrenburg flatterte.
Die nächste Station der Führung ist das Kaufhaus Opitz. Das hieß früher Kaufhaus Alsberg, dessen Leiter Benno Katz übernahm 1910 das Unternehmen. »Das war der erste Textilgroßhandel«, erzählt Dorothee Meyer zu Bentrup. Katz habe die Idee gehabt, fertige Kleidung zu verkaufen und ein für Bielefeld einmaliges Kaufhaus zu betreiben. »Die hatten zwanzig Schaufenster«, beschreibt sie eine Besonderheit des damaligen Marktführers.
Fast vollständig ausgelöscht (Teil 4)
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