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Das Blut spritzt weiß



Sin City

Von Harald Manninga

Nee, was ein Krampf. Da haben sich bis über den Termin hinaus Verleiher und Kinobetreiber über die »Konditionen« gestritten... Verleiher »Buena Vista«, also Disney, wollte es wohl mal wissen, und dann versucht mans eben. Was versucht man? Den Termin für die Auswertung eines Films auf DVD früher als nach sechs Monaten nach dem Kinostart anzusetzen. Die Kinos sagen daraufhin: nö, so nich, nachher kommt dann niemand in die Kinos und alles wartet auf die DVD; dann wird er eben gar nicht in den Kinos gezeigt, ätsch!

Das hat man mit dem Neuaufguss von »Herbie« versucht und eben auch mit »Sin City«. Einmal jenseits von Set und Schnittplatz ist ein Film halt Ware, und von spätestens jetzt an gehts um Geld, und davon will jeder möglichst viel abkriegen. Da ist es fast ein schöner Zufall, dass das neue Buch von Peter Biskind grade ziemlich frisch raus ist: »Sex, Lies und Pulp Fiction« (Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, Juni 2005) ist ein Parforceritt durch die Widerlichkeiten hinter den Kulissen des amerikanischen Filmemachens, vor allem bei den immer noch sogenannten »Independents« der 80er und 90er, die inzwischen alles andere als das sind. Hie und da etwas schlampig übersetzt zwar, aber dafür kann der Autor ja nichts. Über weite Strecken wieder ein erhellendes, manchmal erschreckendes, manchmal vergnüglich zu lesendes Stück Filmjournalismus von der andern Seite.

Aber davon mal ab: Jetzt ist die Einigung da, jetzt dürfen wir »Herbie« und »Sin City« also doch endlich sehen. Ob jemand den Remake des Wundervolkswagens wirklich sehen wollte, sei mal dahingestellt. »Sin City« jedenfalls war aber nach den Ankündigungen äußerst vielversprechend.

Und er erfüllt die Erwartungen! Mehr als!

Als eine Art Episodenfilm gehalten, erzählt das Stück drei, wenn man die Eingangssequenz mitzählt: vier Geschichten aus Basin City, einer Stadt, die so voller Verbrechen steckt, dass die Bronx dagegen wie ein Kindergarten wirkt und alle nur noch von »Sin City« sprechen. Auf deutsch könnte man also genausogut »Ba!« sagen und sich vor Ekel schütteln, denn hier sind wirklich ausnahmslos alle Mörder, Erpresser, Mafiosi, Huren, was es auf dem Gebiet eben so gibt, und mindestens eins davon. Das heißt, nein, einen Aufrechten gibts, das ist der Polizist Hartigan, aber der steht einen Tag vor der Pensionierung. Entsprechend unfriedlich und brutal gehts zu, und das ist dann vorläufig auch schon alles, was man über die Story oder Storys des Films wissen muss, die Handlung ergibt sich dann schon.

Allerdings ist »Sin City« auch nicht unbedingt zunächst wegen der Geschichten bemerkenswert. Das Wichtige und Beeindruckende an diesem Film ist seine Machart. Denn Comicverfilmungen gibt es ja viele, aber hier hat man wirklich was Besonderes vor sich. Das geht schon damit los, dass hier nicht Comicfiguren in eine Filmstory gesetzt werden, sondern Regisseur Robert Rodriguez nimmt sich die Geschichten von Frank Miller nahezu eins zu eins vor und bringt die Einzelbilder sozusagen nur noch in Bewegung. Kluger Schachzug schon mal, auf die Weise spart man sich einen ganzen Arbeitsgang und kann auf ein Storyboard verzichten, denn das hat man ja schon.

Dafür ist der Rest umso aufwändiger gemacht. Die Akteure, unter ihnen Bruce Willis, Jessica Alba, Benicio Del Toro, Rutger Hauer... also eben alles erstklassig, nur Leonardo DiCaprio nicht, der wollte die ihm angebotene Ekelrolle nämlich nicht spielen, die hat jetzt Nick Stahl. Ebenfalls nicht zu kriegen war Hans Zimmer, der war zu der Zeit mit der Musik zu »Batman Begins« beschäftigt. Schön so!

Die Akteure also wurden vor einem »green screen« gefilmt (wer jetzt an blue screen denkt, hat Recht: das ist dasselbe in grün), und alle Hintergründe sind nachträglich am Computer eingebaut worden. Das macht insofern nichts, als dabei erst so richtig der Comiceffekt der Bilder von Miller herauskommen kann. Und das tut er, und wie.