Mit »Luisa« liegt ein weiterer Roman von Paula Fox in deutscher Sprache vor, »a servant´s tale« erschien bereits 1984. Erzählt wird in diesem Roman die Lebensgeschichte von Luisa, geboren als Luisa de la Cueva, Tochter des Sohnes eines reichen Plantagenbesitzers und einer Küchenhilfe.
Der erste Teil des Romans spielt in der Karibik und beschreibt lakonisch das dortige gottergebene Leben. Dieser Teil liest sich etwas langatmig, altbekanntes wird beschrieben: der machistische Ehemann und Vater, ein bourgoiser Nichtsnutz, die extremen Ungerechtigkeiten aufgrund der gesellschaftlichen Klassengegensätze, Armut, Dreck, Perspektivlosigkeit.
Auch als die Eltern nach der Geburt von Luisa heiraten, will die Großmutter väterlicherseits nichts von dieser Familie wissen, selbstverständlich werden sie auch beim Erbe nicht bedacht. Luisa wächst in ärmlichsten Verhältnissen in San Pedro auf, zumindest wird sie fürsorglich und liebevoll umhegt von der Oma mütterlicherseits.
Ihre Eltern scheinen gar nicht anders zu können, als sich zu missverstehen, zu streiten. Dennoch wandern sie gemeinsam in die USA aus, leben in New York, wo sie sich mehr recht als schlecht durchschlagen.
Hier beginnt der zweite Teil des Romans, der sich erheblich spannender liest: ändert sich die Familienstruktur, wie lösen sie die Probleme, nicht nur die sprachlichen, die der Kulturwechsel mit sich bringt, entwickelt sich eine neue Perspektive?
Paulo Fox beschreibt leicht ironisch, immer lakonisch die Alltäglichkeiten, allem voran den chronischen Mangel an Geld, die Unfähigkeit des Vaters, sich den Anforderungen des Lebens zu stellen und vielleicht doch einmal einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Auch dieses Leben scheint einfach so vor sich hinzulaufen und wenig Veränderungen mit sich zu bringen. Doch eines ist nicht aufzuhalten, Luisa wird älter und erwachsener und entscheidet sich für ein eigenes Leben: sie verlässt das elterliche Haus.
Und in diesem dritten Teil offenbart sich die wahre Stärke der Schriftstellerin Paula Fox. Wie durch einen Spiegel gebrochen beschreibt sie das Leben Luisas: sie heiratet, ihr Mann, der uns LeserInnen eigentlich nicht weiter interessiert, interessiert sich nur für ihre Exotik, die Ehe muss scheitern, genau wie die der Eltern. Immerhin trennt sich das Paar und Luisa findet sich nach einem kurzen Traum als alleinerziehende Mutter ihres Sohnes Charlie wieder.
Sie ist angewiesen auf Alimente durch ihren Ex, und wie das im Leben so ist, das Geld reicht nicht, Luisa muss arbeiten und arbeitet fortan als Putzhilfe, Zugehfrau, Haushälterin, altmodisch gesagt, als Bedienstete.
Paula Fox beschreibt das Leben einer modernen Dienerin und ihr Porträt wird sicherlich der heutigen Lebens- und Arbeitssituationen im Zeitalter der Globalisierung mehr als gerecht: nur dass die Bedienstete statt aus der Karibik derzeit hier eher aus Polen kommt.
Die unsichtbare Dienerin, mal wird sie scheinbar freundschaftlich einbezogen um dann eben so plötzlich wieder auf den ihr zugewiesenen untergeordneten Platz zurückgewiesen zu werden. Abgetragene, unpassende Kleidung wird großzügig verschenkt, aber die Herrschaft nimmt sich, was ihr zusteht. Eine tragische Geschichte erzählt Paula Fox über Luisa, aber auch eine der kleinen Erfolge. Denn Luisa weiß genau Bescheid über die Befugnisse und Aufgaben einer Dienerin und verheddert sich so nicht allzu sehr in die gespannten Fallstricke der Nähe und Distanz.
Paula Fox hat einen wunderbaren Ton gefunden, um stilistisch sicher, feinfühlig und genau dieses wirkungsvolle Porträt einer Dienerin zu schreiben. Eine stille Geschichte, die keinesfalls ungelesen bleiben sollte.
Paula Fox, Luisa, C.H. Beck Verlag, 443 S., 24,90 Eurobuch_eulenspiegel@gmx.de per Mail bestellen]