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Heinrich Thies: »Ronny Rieken. Porträt eines Kindermörders«. (August 2005)



Titel: Ronny Rieken. Porträt eines Kindermörders

Gerade wurde ein Kindermörder zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Er hat kaum Chancen, jemals wieder in Freiheit zu leben, da nach der Freiheitsstrafe Sicherheitsverwahrung richterlich angeordnet wurde. Der Angeklagte, Familienvater mit eigenen Kindern, versuchte als psychisch krank eingestuft zu werden, Gutachten konnten dies aber nicht stützen. Aufschlussreich und zugleich bestürzend ist sicherlich die Beurteilung des vollkommenen Mangels an Mitgefühl und Empathie. Auch während des Prozessverlaufs wirkte der nun Verurteilte teilnahmslos bis desinteressiert, Schuldgefühle wurden nicht wahrgenommen, so ist es jedenfalls in der überregionalen Presse zu lesen.

Ein ähnlicher Fall liegt etwas länger zurück. Der Journalist Heinrich Thies versucht zu ergründen, wie jemand, der selbst Vater von Kindern ist, dazu kommt, wehrlose Kinder zu ermorden. Thies zeichnet vor diesem Hintergrund die persönliche Lebensgeschichte Ronny Riekens nach.

Im November 1998 wurde Rieken wegen Mordes in zwei Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, die besondere Schwere der Schuld wurde vom Gericht festgestellt. Der zuständige Richter machte Hoffnungen auf eine mögliche Haftentlassung nach 15 Jahren Gefängnis zunichte, »denn nach gegenwärtigem Erkenntnisstand sind Riekens Mangel an Mitgefühl und sein verfestigter Hang zu schweren aggressiven Taten durch eine Therapie nicht zu beheben«.

Ronny Rieken konnte durch den ersten großflächig durchgeführten Speicheltest zur Genanalyse von der Polizei als Mörder von Christina Nytsch überführt werden. Im Laufe der Ermittlungen gestand er auch den Mord an Ulrike Everts zwei Jahre vorher. Bis dahin war unklar, was mit Ulrike Everts passierte. Ronny Rieken hat leibliche Kinder aus seiner Ehe, galt als vorbildlicher Familienvater. Thies beschreibt den familiären Hintergrund des Täters, der aus einer zerrütteten Familie stammt, in der Gewalt an der Tagesordnung war. Die Beziehung zur Mutter ist äußerst spannungsvoll, der Stiefvater hält nichts vom Stiefsohn. Der leibliche Vater wurde wegen eines Sexualdeliktes verurteilt, in der Folge gab es keinen Kontakt mehr zwischen den beiden.

Ronny Rieken versteht sich offensichtlich ganz gut mit seiner jüngeren Schwester, findet bei ihr emotionale Geborgenheit. Allerdings wird auch sie Opfer einer brutalen Vergewaltigung durch gerade diesen Bruder. Genau wie die Ehefrau Ronny Riekens nach der Verurteilung, »Man kann ihn doch nicht einfach fallen lassen« bricht die Schwester, »So abgebrüht war er nun auch wieder nicht«, den Kontakt nicht gänzlich ab. Thies beschreibt nüchtern die Taten, die Angehörigen der Opfer, die Ermittlungsarbeit der Polizei, den Prozeß, das Leben im Gefängnis. Ein Kapitel stellt die Arbeit und Einschätzung des zuständigen Gefängnispsychologen vor »Wir wissen einfach zu wenig«.

Das Buch ist sorgfältig recherchiert und geht respektvoll insbesondere mit den Opfern und deren Angehörigen um, allerdings kann die Ausgangsfrage nicht wirklich beantwortet werden, was ja vielleicht auch zu viel verlangt wäre? Dem Porträt des Kindermörders hätte etwas mehr Analyse aus unterschiedlichen Blickwinkeln gut getan, auffällig ist ja gerade die Wehrlosigkeit der kindlichen Opfer. Riekens Opfer, die vor ihrem Tod sexualisierte Gewalt zu erleiden hatten, waren ausschließlich Mädchen, auch das gibt zu denken, wurde vom Autor als Deutungsspur leider weder wahrgenommen noch berücksichtigt. So bleibt nach der Lektüre ein merkwürdiges Gefühl zurück, schade. (rk)

Heinrich Thies: »Ronny Rieken. Porträt eines Kindermörders«, Zu Klampen Verlag, 173 S., 2005, Euro 14,-

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