Webwecker Bielefeld: csd2005

»Engagier Dich!!!« (15.06.2005)





Nach dem Umzug gibts noch ein Fest auf dem Rathausplatz. Foto: Csd-Owl



Während am Samstag, 18. Juni, Hunderttausende in Spanien gegen die Einführung der Homo-Ehe demonstrieren, versammeln sich am gleichen Tag Lesben und Schwule in Bielefeld, um friedlich-fröhlich ihren Christopher Street Day zu feiern


Von Manfred Horn

Am Samstag steht Bielefeld im Zeichen des Christopher Street Day (CSD). Zum zehnten Mal werden in Bielefeld Schwule und Lesben durch die Innenstadt ziehen, um fröhlich für die eigenen Rechte zu demonstrieren oder einfach nur Spaß zu haben.

Dabei war der Tag nicht immer nur politische Party. Seinen Ausgangspunkt nahm der Tag Ende der 1960er Jahre in New York. Dort herrschte – wie vielerorts – ein feindliches Klima gegenüber Homosexuellen. Die Szene musste sich in eigenen Clubs tummeln, Schwule und Lesben im öffentlichen Raum waren verpönt. In New York gab es unter anderem das »Stonewall Inn«. In dem privaten Club führte die Polizei unter fadenscheinigen Gründen immer mal wieder Razzien durch, so auch am 27. Juni 1969. Da wurden sechs Personen verhaftet, die in dem Club beschäftigt waren. Doch diesmal ließen sich die Besucher dies nicht gefallen, es kam zu Straßenschlachten, die mehrere Tage anhielten.

Seitdem gilt dieser Tag als die Geburtsstunde der homosexuellen Befreiungsbewegung, die Jahre später auch nach Europa schwappte. In Erinnerung an den 27. Juni 1969 gab es fortan jährliche Demonstrationen, den Christopher Street Day. Mit abnehmender Repression wurden die Umzüge im Laufe der Jahre immer weniger politisch und immer stärker eine Manifestation von Lebensfreude. Dass es aber bis heute Orte gibt, wo gekämpft werden muss, zeigte am vergangenen Wochenende der CSD in Warschau. Zum zweiten Mal in Folge hatte der nationalkonservative Warschauer Bürgermeister und Präsidentschaftskandidat Lech Kaczyniski einen Umzug verboten, mit offen homosexuellenfeindlichen Aussprüchen – er selbst nennt sich ein »Gegner schwulenorientierten Verhaltens«.


Gewalt gegen CSD in Warschau

Als die »Gleichberechtigungsparade«, so der offizielle Titel der Veranstaltung, dann am Samstag Nachmittag trotzdem mit rund 2500 Teilnehmern unangemeldet durch Warschaus Innenstadt zog, mussten sich die Teilnehmer Beschimpfungen anhören und Eierwürfe ertragen: Schon beim Startpunkt der Parade hatten sich Anhänger der ›Allpolnischen Jugend‹ versammelt, um gegen die Schwulen und Lesben vorzugehen. Die Polizei schützte diese schließlich, sehr zum Unwillen von Kaczyniski, der wohl am liebsten den Pöbel auf die CSD-Teilnehmer losgelassen hätte.

Auch an anderer Gleichberechtigungsfront flackern noch Kämpfe: So rufen Spaniens katholische Bischöfe für den 18. Juni zu einer Demonstration gegen die von der Regierung geplanten Einführung der ›Homo-Ehe‹ auf. Das Gesetz bedeute die Vernichtung der Ehe als Institution, kritisiert die Kirchenführung. Die Kirche rechnet mit einer halben Million Teilnehmern.

In Bielefeld wird es dieses Jahr erwartungsgemäß ruhiger zugehen: Die Zeiten offener Ressentiments sind vorbei – auch wenn jenseits offizieller Anerkennung immer noch eine gewaltige Homophobie und Verachtung von Schwulen und Lesben in breiten Teilen der Bevölkerung vorhanden ist. Mehrere tausend bunte und fröhliche Menschen werden vom Siegfriedplatz aus zum Rathaus ziehen. Das diesjährige Motto »Engagier Dich« hat vor allem einen Selbstbezug: Es gibt immer weniger Freiwillige, die sich für den CSD ins Zeug legen. Damit könnte sogar der Bielefelder CSD in den kommenden Jahren gefährdet sein, wenn sich nichts ändert.