Webwecker Bielefeld: onlineberatung01

Onlineberatung sucht Geld (15.06.2005)





Bilanzierten das Online-Projekt:
Sascha Dörr (hinten) und Ellen Solari von der Beratungsstelle des Mädchenhauses




Seit März 2004 für die Bielefelder Mädchenberatungsstelle auch Online-Beratungen durch. Die Förderung ist ausgelaufen, allerdings soll die Beratung weitergehen. Im ersten Jahr nutzen 83 Mädchen die neue Möglichkeit.


Von Manfred Horn

Das Mädchenhaus Bielefeld berät Mädchen seit März 2004 über seine Beratungsstelle auch online. Ein Modellprojekt, das der Paritätische Wohlfahrtsverband ein Jahr lang finanzierte und an dem in Bielefeld auch die ›Psychologische Frauenberatung‹ teilnahm (WebWecker berichtete). Nun muss das Mädchenhaus mangels Förderern das Projekt aus eigener Tasche finanzieren. Zwei Beraterinnen sind jede Woche sechs Stunden online, um mit hilfesuchenden Mädchen und jungen Frauen bis Mitte 20 zu kommunzieren – sei es individuell per Mail, im Einzel- oder im Gruppenchat.

Genutzt wird die Onlineberatung von Mädchen und jungen Frauen, für die es nicht möglich ist, eine Beratungsstelle persönlich aufzusuchen, weil sie ihren Wohnort nicht verlassen dürfen, weil die nächste Beratungsstelle zu weit weg ist oder schlicht weil sie ängstlich sind. Insgesamt 83 Mädchen wanden sich von März 2004 bis März 2005 online an die Bielefelder Beratungsstelle, manche nur einmal, bei mehreren wurden aber auch eine Beratung daraus, die über längere Zeit lief. Die Hilfesuchenden sind mit Gewalt, meistens sexualisierter Gewalt, bedroht. Für einige war das Online-Angebot sogar die entscheidene Motivation, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Dies ist nicht zwingend das Bielefelder Mädchenhaus. »Wir haben auch Mails aus Sachsen-Anhalt, Thüringen oder Bayern erhalten«, erklärt die Psychologin und Psychotherapeutin Ellen Solari, die in der Beratungsstelle arbeitet und das Projekt vorstellt – und sie weiß auch den Grund: In diesen Regionen gibt es nur wenig Beratungsangebote – und schon mal gar nicht online.

Diejenigen, die sich online an die Beratungsstelle wenden, sind so gut wie möglich geschützt: Die Verbindung erfolgt über eine ›Secure Sockets Layer‹-Verschlüsselung (SSL). Die Mails gehen nicht direkt an die Beraterinnen, sondern werden in einer Box im Netz abgeholt, von dort aus gehen auch die Mails an die Mädchen und jungen Frauen raus. Wobei die sogar ankreuzen können, dass sie keine Benachrichtung bekommen wollen, wenn die Beraterin eine neue Mail geschickt hat. Dann müssen sie sich einloggen und selbst in der Box nachschauen. Denn viele Mädchen werden zu Hause kontrolliert – da würde es schon reichen, wenn im E-Mail-Verzeichnis eine Nachricht auftauchen würde, dass es eine neue Mail von der Beratung gibt.

»Alle sind sehr zufrieden«, berichtet Solari. Die Mädchenberatungsstelle will das Projekt in jedem Fall fortsetzen. Anfänglicher Skepsis ist verflogen, die Online-Beratung wird als gute Ergänzung zu den bisher üblichen Formen am Telefon oder bei einem Termin in der Beratungsstelle gesehen. »Online können die Mädchen direkter Informationen bekommen und müssen nicht erst einen Termin machen«, berichtet Solari. Zumal auch schlimme Ereignisse vergessen oder verdrängt werden. Da macht es Sinn, das Problem sofort zu schildern. Auch für Mädchen, die bereits in der Beratung im Haus sind, ist der Online-Kanal zu ihrer Beraterin eine zusätzliche Möglichkeit, gerade in kriseligen Zeiten sofort Kontakt aufzunehmen. Auch können die Mädchen im Schutz der Anonymität Fragen ganz grundsätzlicher Art stellen, und sei es, zu fragen, wie denn eine Beratung oder Therapie abläuft oder warum ihre Beraterin die und die Frage gestellt hat.