Webwecker Bielefeld: steinbrueck01

Der Klare aus dem Norden (02.03.2005)





Auch schon mal als Grünenfresser tituliert:
Ministerpräsident Peer Steinbrück



Von Manfred Horn

Seit drei Jahren heißt der NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück. Die Landtagswahl im Mai 2005 dürfte dafür sorgen, dass er richtig bekannt wird. Denn nach der Übernahme der Regierungsgeschäfte von Wolfgang Clement hatten Steinbrück und die SPD lange Zeit ein Problem: Kaum jemand wusste überhaupt, wer Steinbrück ist. Der »Klare aus dem Norden«, so der von einer Public-Relations-Agentur entwickelte Beiname für Steinbrück, fiel zunächst wenig auf.

Dies änderte sich erst, als Steinbrück, der nach eigener Aussage politische Inszenierungen entschieden ablehnt, den ein oder anderen Streit mit dem Koalitionspartner Grüne vom Zaun brach. Nun steht er bis Mai im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Es wird sich zeigen, ob das von seinen Beratern zugeschriebene Persönlichkeitskonzept, dass ihn als klaren und kompetenten Politiker zeichnet, tragen wird.

Steinbrück ist tatsächlich ein Import aus dem hohen Norden. Etwas, dass der SPD 2002 als Schwäche ausgelegt wurde: Seht her, ihr könnt noch nicht einmal einen Ministerpräsidenten aus NRW bestellen. Zumal mit Harald Schartau eigentlich ein Nachfolger für Wolfgang Clement bereitstand. Dass Steinbrück nicht aus NRW kommt, wird ihm bis heute angekreidet. Ganz als ob Hamburg ein anderer Planet wäre. Dass derartige Regionalismen überwunden werden können, zeigt der große Erfolg der in Bonn geborenen Ministerpräsidentin in Schleswig-Holstein: Heide Simonis hatte sich bis zu ihrem tragischen politischen Ende über Jahre als Landesmutter etabliert.

Peer Steinbrück wurde am 10. Januar 1947 in Hamburg geboren. Nach Abitur und Grundausbildung bei der Bundeswehr studierte er ab 1970 Volkswirtschaft und Soziologie in Kiel. Direkt danach begann für Steinbrück, der 1969 in die SPD eingetreten war, eine steile Karriere: Ab 1974 arbeite er in diversen Bundesministerien, 1977 wurde er persönlicher Referent im Bundesministerium für Forschung und Technologie. Von 1978 bis 1981 arbeitete er im Bundeskanzleramt und der ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin. Zwischen 1983 und 1985 war er als Referent der SPD-Fraktion des Bundestages, zwischen 1985 bis 1986 im Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen tätig.

1986 wurde er Büroleiter des Ministerpräsidenten Johannes Rau, diese Tätigkeit übte er bis 1990 aus. Dann wechselte er als Staatssekretär nach Schleswig-Holstein, zunächst ins Ministerium für Natur, Umwelt und Landesentwicklung dann ins Ministerium für Wirtschaft, Technik und Verkehr.1993 wurde er zum Minister für Wirtschaft, Technik und Verkehr in Schleswig-Holstein ernannt. 1998 ging er zurück nach NRW: Clement hatte ihn gerufen. Der machte ihn zum Minister für Wirtschaft und Mittelstand, später zum Finanzminister.

Steinbrück gilt als trockener Pragmatiker ohne Charisma. Seit Beginn seiner Amtszeit schreibt er sich die Konsolidierung des Haushalts auf die Fahnen und sorgte zusammen mit seinem Kabinett Ende mit seinem Doppelhaushalt 2004/2005 für Aufregung: Die Streichungen gerade im sozialen Bereich waren derart massiv, dass es auch in Bielefeld zu Demonstrationen kam. Doch trotz des Sparkurses ist der Haushalt nicht im Gleichgewicht. Erst im Februar 2005 wurde ein zweiter Nachtragshaushalt für 2004 mit einer rot-grünen Mehrheit verabschiedet: Die Parlamentsmehrheit billigte damit 830 Millionen Euro an zusätzlichen Schulden. Die gesamte Neuverschuldung für 2ßß4 erhöht sich damit auf 6,9 Milliarden Euro.