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Wie wirkt Hartz IV in den Schulen? (Teil 4)



- Benachteiligungen und Entwertungsgefühle ein Konfliktpotential entstehen lassen könnten, das möglicherweise auch in die Schulen hineinwirken wird.
  • manche betroffene Familie aus dem System herausfallen wird und sich von staatlicher Erfassung und gesellschaftlichen Einflüssen ganz abzuschotten versucht.

Schulen werden Hartz IV kennen lernen

Hartz IV ist ein »Risiko«, das vor allem die Eltern vieler Grund-, Haupt-, Gesamt- und Sonderschulen treffen wird – je nach Region, Stadt und Stadtteil in ganz unterschiedlichem Ausmaß. An einigen Schulen könnte das ALG II womöglich zur Lebensgrundlage für die Mehrheit der Familien werden. Auch an Realschulen und Gymnasien werden Kinder unterrichtet, deren Familien mit ALG II und 1-Euro-Jobs leben müssen.

Die Auswirkungen der Pflichtarbeit werden früher oder später alle Schulen betreffen. Kommunen und Wohlfahrtsverbände, die durch Steuerpolitik und anderem zum Sparen gezwungen werden, werden sie einführen. Seit dem 1. Januar 2005 wird die Einrichtung eines neuen ›1-Euro-Jobs‹ in einem befristeten Programm mit einer Prämie von 500 Euro monatlich belohnt.

Offiziell sollen diese Arbeitsgelegenheiten zusätzliche Angebote ermöglichen und keine Arbeit des festangestellten Personals übernehmen (Lehrkräfte, Hausmeister, Putzfrauen). An den Schulen bleibt aber sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unterrichts viel Arbeit liegen, weil viele der Beschäftigten überlastet sind. Menschen in Pflichtarbeit werden daher de facto Arbeit der Festangestellten und in den Schulen engagierten Menschen übernehmen müssen. Dazu zählen möglicherweise Aufsichten, Frühstücksverkauf, Hilfen in Werkstätten und Küchen, aber auch Leseförderung und Differenzierungsangebote – so jedenfalls lauteten Vorschläge aus dem Sozialministerium Schleswig-Holstein.

Hoffnungen auf Entlastung für Schulleitungen und Lehrkräfte könnten enttäuscht werden. Der Arbeitsdruck auf das festangestellte Personal könnte sogar zunehmen: Leistungen der Pflichtarbeitenden müssen kontrolliert werden, neue Aufgaben für die Festangestellten und weniger Einstellungen werden aufgrund der Pflichtarbeit wahrscheinlich. Die »geringen Kosten« und »flexiblen Einsatzmöglichkeiten« der sogenannten 1-Euro-Jobs legen es nahe, neue Einsparmöglichkeiten zu finden. Vielleicht wird man an den Schulen einen Kernbereich qualifizierter Arbeit für Lehrkräfte definieren, Aufgaben im unmittelbaren Umfeld hingegen als Zusatzangebote. Neue Arbeitsplätze an den Schulen werden nicht entstehen, ihre Einrichtung wohl eher verhindert. Zu befürchten ist auch, dass das ehrenamtliche Engagement von Lehrkräften, Eltern und SchülerInnen durch die ›1-Euro-Jobs‹ eher abnehmen wird. Wo Arbeitskraft so verbilligt worden ist, könnte das Geschenk unentgeltlichen Arbeitseinsatzes nicht mehr viel wert zu sein.


›1-Euro-Jobs‹ werden auch das Lernen verändern

Mit den Arbeitsgelegenheiten an den Schulen wird ein Stück sozialer Realität näher rücken, das bisher eher ausgeblendet war. Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer werden mehr als bisher mit Arbeitslosigkeit, sozialer Deprivation und staatlich verordneter Arbeitspflicht bekannt werden. Die Erfahrungen werden unterschiedlich sein: Neben der Freude mancher Menschen, im Kontakt mit Kindern und Jugendlichen arbeiten zu dürfen, wird man viele Kränkungen und daraus entstehende Gleichgültigkeit kennen lernen. Zu befürchten ist, dass es auch Menschen mit ›1-Euro-Jobs‹ geben wird, die aus ihrer Armutssituation heraus ihre Arbeitsgelegenheit zu kriminellen Handlungen nutzen.