Marhaba (Teil 4)
Eine weitere Spaltungslinie innerhalb der israelischen Gesellschaft verlaufe zwischen arabischen Juden und Juden aus Europa, erläuert Robas. Die aus Arabien Kommenden sind zwar auch Staatsbürger, aber sie würden als Menschen zweiter Klasse behandelt und gehörten zu den armen Schichten. Genauso arm dran: die Beduinen oder die neueren jüdischen Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. Ein Ergebnis: In Israel gebe es inzwischen eine heftige Konkurrenz um schlecht bezahlte Arbeitsplätze.
Robas macht von sich aus eine weitere Trennlinie auf: Sie verlaufe zwischen zionistischer und nicht-zionistischer Friedensbewegung. Es seien linke Parteien wie die Arbeiterpartei gewesen, die den Mauerbau initiiert hätten. Die Arbeiterpartei, seit neustem wieder in einer Regierungskoalition mit der Likud-Partei wolle als zionistische Linke zwar Frieden, meine damit aber vor allem Segregation und Freihandel. Damit habe die antizionistische Friedensbewegung in Israel nichts am Hut. Sie sieht den Staat Israel als dringend überarbeitungsbedürftig an. So seien die Direktoren der Schulen nicht qualifizierte Pädagogen, sondern ehemalige Berufsoffiziere. Kriegsdienstverweigerung werde mit Gefängnis bestraft. »Israel ist eine durchmilitarisierte Gesellschaft«, fasst Robas zusammen.
Isoliert im FlüchtlingslagerAuch Sara Abu Gazal geht aus Sicht einer Palästinenserin auf die Gewalt seitens Israels ein und auf die isolierte Situation in den Flüchtlingscamps im Libanon. Die dort lebenden Palästinenser dürfen offiziell keine Arbeit annehmen, haben keine Versammlungsfreiheit, keine Bürgerrechte. Auch innerhalb der Flüchtlingslager gibt es keine Demokratie die Organisationen der PLO haben alles in der Hand und teilen die politische Macht unter sich auf. Sie betont auch die Distanz und Kritik an arabischen Regimes: »Bei unserer ersten Demonstration haben wir nicht Friedensparolen, sondern auch Sprüche gegen Sadaam Hussein gerufen«, berichtet sie. Auch andere Diktaturen wie in Syrien würden verbal bekämpft.
Den ganzen Abend lag eine lantent aggressive Stimmung im Raum. Die Meinungen der rund 40 Besucher in der Ravensberger Spinnerei standen sich zum Teil diametral gegenüber: Für die einen ist Israel eine Demokratie, die als jüdischer Staat umgeben von aggresiven arabischen Staaten das Recht hat, sich zu wehren. Da wird der israelischen Armee »praktischer Antifaschismus« zugesprochen. Für die anderen ist die israelische Regierung und das Militär verantwortlich für Besatzung und Vertreibung. Ein Diskurs, den die deutsche Linke mit ihren zahlreichen Fraktionen schon seit 35 Jahren umtreibt. Das eigentliche Ziel, über Möglichkeiten weltweiter Vernetzung zu sprechen, konnten die drei SprecherInnen dann unter diesen Umständen nicht erreichen.
Wer mehr über die Arbeit von ISM erfahren möchte: Im Juni 2004 ist das Buch Peace under fire bei Verso Books erschienen, in dem Mitglieder von ISM ihre Sicht auf den israelisch-palästinensichen Konflikt beschreiben. ISBN: 1844675017
ISM im Netz: www.palsolidarity.org
Die israelische Friedensgruppe Yesh Gvul im Netz: ww.yesh-gvul.org
Das Bielefelder Friedensnetzwerk im Netz: www.friedens-netzwerk.de
In Gütersloh gründete sich im Juni 2004 die Stiftung Begegnung, Stiftung Deutsch-Palästinensisches Jugendwerk. Sie organisiert Schüleraustauschprogramme mit palästinensischen und deutschen Jugendlichen. Kontakt: M. Kappler, fon: 05241 470851, mail: stiftungbegegnung.kappler@web.de im Netz: www.stiftungbegegnung.de