Webwecker Bielefeld: murnau02

Schattenwelten (Teil 2)



Für Kaurismäki ist nur ein Stummfilm ein wahres Kunstwerk und so ist Juha eine Hommage an die Kinderjahre des Kinos. Ein Netzwerk von Zeichen verweist auf Douglas Sirk, F.W. Murnau und Samuel Fuller. Die Berliner DJ Formation Phono Klang Galerie wird Juha auf verschiedenen Turntables begleiten.


Bester Buster

Der Abend des 12. November ist drei Kurzfilmen von Buster Keaton und dem »Geheimnis vom aufblasbaren Fisch« gewidmet. Buster Keaton ist nicht wie Chaplins Tramp, der trotz aller Nackenschläge immer wieder zu neuen Abenteuern aufbricht. Vielmehr beweisen Keatons Filme seine unbändige Lust, eine Entwicklung bis zum bitteren Ende durchzuspielen. So greift er in »Cops« aus verschmähter Liebe zum letztmöglichen Mittel, dem Selbstmord.

Eigentlich ist dieser Schluss für eine Komödie undenkbar. Aber trotz des tragischen Ausklangs ist »Cops« ein würdiger Nachfolger der zahllosen Polizistenfilme in der Tradition von Sennetts Keystone Productions, die mit wilden Verfolgungsjagden und absurder Komik das Publikum faszinierten. »The Balloonatic« gilt als Etüde für Keatons legendären Spielfilm »Battling Butler/ Der Killer von Alabama«, in dessen Exposition sich viele Einfälle dieses Kurzfilms wiederfinden.


Respektlose Komik

In »Mystery of the leaping fish - Das Geheimnis des aufblasbaren Fisches« (Regie: John Emerson) verfolgt Douglas Fairbanks junior als ein von Narkolepsie gepeinigter Detektiv namens Coke Ennyday (!) eine Schmugglerbande, die einen schwunghaften Drogenhandel mittels aufblasbarer Gummifische betreibt. John Emersons Film ist eine Parodie auf Arthur Conan Doyle's berühmte Romane. Der Detektiv setzt sich in Sherlock Holmes-Manier sorglos eine Spritze nach der anderen, denn nur intravenös verabreichte Energiedrinks verhelfen ihm zur Lösung seiner Fälle. Obwohl Douglas Fairbanks später um seinen guten Ruf fürchtete und alles tat, um die Aufführung von »Mystery of the leaping fish« zu verhindern, erlangte der Film Kultstatus und ist aufgrund seiner respektlosen Komik eines der bizarrsten Werke seiner Zeit. Axel Goldbeck konzipierte für alle vier Kurzfilme neue Begleitmusiken.


Finster schiefer Wahnsinn

Am Samstag, den 13. November bereichert »Das Cabinet des Dr. Caligari« die Würde der Oetkerhalle um gruselige Schauer. Robert Wiene inszenierte den ersten deutschen Langfilm, der sich streng an die »Regeln« des Expressionismus hält. Schauspielkunst und Interieur sind absolut gleichberechtigt. Schräge Linien, schiefe Ebenen, geneigte Wände und auf die Kulissen gemalte Schatten verwandeln das Bühnenbild in ein finsteres Labyrinth.

Gestik und Mimik der Schauspieler sind auf das Nötigste reduziert. Nur die Lettern des berühmt gewordenen Schriftzuges »Du musst Caligari werden« torkeln über die Leinwand wie der wahnsinnige Caligari selbst. Der musikalische Begleiter Rolf Sudmann ist ein Stammgast des Film&MusikFests. Sein »Club der Visionäre« ist ein variables Ensemble, das sich auf die Begleitung von Stummfilmen spezialisiert hat.


Avantgardistische Vestrickungen

Eine 60-Minütige »Seite des Wahnsinns« und »Verstrickungen des Nachmittags« werden den Sonntag Vormittag des 14. November aufwerten. »Kurutta Ippeiji – Eine Seite des Wahnsinns«gilt als Meilenstein des frühen japanischen Avantgardefilms. Mit surrealistischen Mitteln schildert der Regisseur Teinosuke Kinugasa die Verzerrung der Realität. Die Insassen vom Personal trennende Gitterstäbe sind allgegenwärtig. Aber plötzlich führen sie ein Eigenleben, durchschneiden die Filmbilder, entstellen die Gesichter und beschwören Angst und Schrecken herauf.