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Input nicht nur oral: Kunst und Essen (27.10.2004)





Ulrike Wetzlar hat das Thema Schlauchernährung auf den Tisch gebracht



Von Manfred Horn

Immer noch nicht genug gegessen? Nein. Das diesjährige Thema Essen der Museumsinitiative in OWL zeigte sich schnell als voller Erfolg. 40 Museen und Künstlergruppen beteiligten sich. Es wird schwer werden, für 2005 ein ähnlich erfolgreichen Begriff zu finden. Am vergangenen Mittwoch nun eröffnete die Ausstellung »Input. Essen – Kunst – Pflege« der Fachhochschule Bielefeld. Gezeigt werden bis zum 12. Dezember vorwiegend Fotografien zum Thema im Regine-Hildebrandsaal der GAB (Gesellschaft für Arbeit und Berufsförderung) an der Meisenstraße tief im Osten der Stadt.

Der Ausstellungsraum ist ein ehemaliger Kornspeicher der britischen Armee, die das Geländer der GAB bis Anfang der 1990er nutzte. Nun hängen in ihm Bilder von Studierenden des FH-Fachbereichs Gestaltung in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Pflege und Gesundheit. Mit Erfolg, wie Beate Rennen-Allhoff, Rektorin der FH, betont. Praktisch haben Studierende beider Fachbereiche das Thema Essen in seinen vielfältigen Facetten in einem gemeinsamen Seminar besprochen. Leider sind die Arbeiten, die ausgestellt sind, aber nur von Studierenden der Fachrichtung Gestaltung. 20 Studis bildeten den harten Kern, viele von ihnen haben ihr Ausstellungsstück zur Prüfung angemeldet.

Die am deutlichsten interdisziplinäre Arbeit ist die von Ulrike Wetzlar. Ihre Installation bringt das schwierige Thema Schlauchernährung auf den Tisch, in dem sie die Gegenstände dieser Ernährungsart auf baumwollne Tischsets brachte. Dazu ist ein Tisch angerichtet, der denken lässt, hier setzt sich gleich jemand und beginnt zu essen. Schlauchernährung wird eingesetzt, wenn auf anderem Wege Nahrung nicht aufgenommen werden kann. Das Problem: Gerade ältere und schwer behinderte Menschen, die die Nahrung verweigern, werden mittels Schlauch gegen ihren Willen ernährt. Für beide Seiten ein elender Zustand: Der Pflegende wendet Gewalt an, der Betroffene würgt und spuckt, ist aber gleichzeitig abhängig von der Nahrung, wenn er weiterleben will.

Wolfgang Dietrich weist in seinem Katalogbeitrag auf das ethisch-moralische Dilemma in: Die Pflegenden müssen zwischen dem Willen der Bewohner, der die Nahrung verweigert, und der Verpflichtung für ausreichende Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr entscheiden. Als Pflegende fühlen sie sich für die ausreichende Ernährung und damit das Weiterleben verantwortlich. Dietrich kann das Dilemma nicht auflösen, wohl aber weist er auf die Grundsätze der Bundesärtzekammer hin: Jedem Menschen stehe das Stillen von Durst und Hunger zu, auf den Begriff der Ernährung wird aber verzichtet. Gleichzeitig werde das Selbstbestimmungsrecht betont ausgesprochen, schreibt Dietrich. Wetzlar nun macht das Thema durch Ton, Installation und Foto greifbar, holt die Sonde an die Oberfläche, die normalerweise im doppelt Verborgenen, nämlich im abgeschlossenen Raum von Kranken- und Pflegeanstalten und zum großen Teil unsichtbar im Körper des Betroffenen verläuft.






Wer so etwas essen mag? Blumenkohlananas und ähnliches von Jana Mielket


Jana Mielke hat sich in ihrem Beitrag die Genfrüchte vorgenommen. Mittels digitaler Fotobearbeitungstechnik ist so aus zwei Früchten eine geworden. Eine einfache, aber wirkungsvolle Idee, stellt sie doch in aller Klarheit heraus, was mittels Gentechnik im Prinzip möglich ist.





Die GestalterInnen samt Dozentinnen sind zufrieden: Sie haben ein Mahl für die Sinne angerichtet