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Robinson auf dem Flughafen



»Terminal«

Von Harald Manninga

Das Leben schreibt oft die besten Geschichten, heißt es, und es ist dabei dann doch immer wieder die Frage, ob die sich auch für die Umarbeitung in Literatur oder Film oder sowas eignen. Man frage einen Taxifahrer seines Vertrauens: So einer erlebt ja auch immer wieder die unglaublichsten Geschichten. Alle wahr. Aber das aufschreiben oder einen Film draus machen? Lohnt nicht, das glaubt einem doch kein Schwein.


Und jetzt hat sich Steven Spielberg einer wahren Geschichte angenommen, die man erstaunlicher eigentlich nicht erfinden kann: Da lebt seit 16 Jahren ein gestrandeter Asylbewerber auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle, und kommt da irgendwie nicht weg. Der Iraner Merhan Karimi Nasseri, der in England Psychologie studiert hat, ist wegen irgendwelcher Visumsschwierigkeiten auf der Reise zurück in die Heimat zusammen mit seinem B.A.-Zeugnis mal da hängengeblieben, lässt sich jetzt »Sir Alfred Merhan« nennen, schläft auf einer Bank, wäscht und rasiert sich in den Flughafentoiletten, und zeigt keinerlei Neigungen, sein momentanes Domizil verlassen zu wollen, obwohl die französische Regierung ihn längst als Asylanten anerkannt hat, und er scheint nach all der Zeit auch sonst langsam etwas weiter durchgeknallt zu sein. Die 300.000 Dollar, die er von Spielbergs Produktionsfirma für die Rechte an seiner Lebensgeschichte bekommen haben soll, hat er bisher auch nicht recht angerührt, kann man in Presseberichten lesen. Das Leben auf dem Flughafen scheint also seine Reize zu haben und ist offenbar auch irgendwie recht preisgünstig.


Und nu gibts ihn also auch im Film. Spielberg hat ein paar Änderungen an der Geschichte vorgenommen: Sein Held heißt Viktor Navorski, stammt aus einer kleinen (Fantasie-)Republik auf dem Balkan, die es mehr oder weniger plötzlich nicht mehr gibt, weshalb also auch sein Pass ungültig geworden ist. Er strandet in New York am Flughafen »John F. Kennedy«, nicht in Paris. Nicht zu vergessen die Liebesgeschichte, eigentlich sogar zwei, und allerlei Schicksale von anderen mehr oder weniger Gestrandeten. Einen wirklich »Bösen« gibts bei all dem natürlich außerdem.


Soviel schon mal zu »Geschichten, die das Leben schrieb«: so ganz ohne Bearbeitung kann man die wohl nicht zu geformtem Kulturgut verwursten, wenn man für ein Publikum produziert, das unterhalten sein will und sich nicht oder jedenfalls nur am Rande mit den Wurschtigkeiten der Weltpolitik und deren Auswirkungen auf ein davon betroffenes Individuum beschäftigen. Oder einfach nur mit einem »Schicksal«. Aber alles andere wäre sicher auch eher eine Doku geworden und kein »Spielfilm«.


So spielt also Tom Hanks mal wieder einen Gestrandeten (wir erinnern uns kurz an die Robinsonade »Cast Away«). Und tut, was er kann; und er kann ja viel, aber man lässt ihn wohl nicht. Oder gibt die umgemodelte Story wirklich nicht mehr her? Gut, geschenkt: die synchronisierte Version in unseren Kinos kränkelt allein schon an dem gewollt-aber-nicht-gekonnten Ostakzent, den Arne Elsholtz als deutsche Stimme sich abringt. Und das verdirbt wahrscheinlich viel von dem »Genuss«, den ein Betrachter oder Zuhörer haben könnte, das ist nämlich einfach tumb gelöst. Und allem Anschein nach ohne alles Sprechtraining, das sich z.B. die Synchronisateure von »Shrek 2« anlässlich des dortigen Gestiefelten Katers noch geleistet haben.


Hanks ist sicher eine gute Wahl für die Hauptrolle in diesem Film!