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Junger Wahlkampf (29.09.2004)





Zumindest auf der Bühne: Stürmische Zeiten



Jugendlichen Politik näher bringen sollte das Projekt »Politstar« des JFC Medienzentrums in Köln. Dabei lernten in Köln, Bonn und Bielefeld nicht nur die jungen Politstars etwas über Politik, auch Politiker könnten etwas lernen.

Von Mario A. Sarcletti

Der erste Herbststurm zerzauste am Donnerstag vor den Kommunalwahlen die Haare von Sarah, Kristin und Sina, als sie auf dem Jahnplatz um Stimmen für ihre Partei A.L.D.I werben. Helfer halten den Pavillon fest, der die kleine Bühne vor dem Regen schützt. Die drei Teenager nehmen am Casting für den Bielefelder Politstar teil, das der Offene Kanal Bielefeld für das Kölner JFC-Medienzentrum durchführt. A.L.D.I ist eine von 24 Parteien, die sich der Wahl zum Politstar stellen. »Der Name steht für Aktiv, Lernbereit, Dynamisch, Individuell«, erklärt Sina, was hinter den Buchstaben steckt.

Während der Name natürlich auch als Gag gedacht ist, sind die Forderungen der drei ganz ernst: Sie wollen eine Eisbahn in der Innenstadt, mehr Tempo 30 Zonen und besseren ÖPNV. »Es gab kaum Gruppen, die nur Quatsch wollten«, erzählt Medienpädagoge Matthias Felling, der das Casting moderiert. Vielen ist der Verkehr ein Anliegen, immer wieder taucht in den Programmen die Forderung nach besserer Ausstattung der Jugendzentren auf. Aber die Jugendlichen kümmern sich nicht nur um ihre eigenen Interessen. So fordert die Multikulti Partei (MKP) das kommunale Wahlrecht für Ausländer.

Dass von den Jugendlichen nur wenig Quatsch – wie mehr Berge für Bielefeld - gefordert wird, liegt wohl auch daran, dass sie gut vorbereitet in das Casting gehen. In der Vorwoche waren Scouts in ihren Schulen und Jugendeinrichtungen, sprachen mit ihnen über Politik und erarbeiteten die Wahlprogramme. Die stellen sie auf dem Jahnplatz vor, das Ganze wird auf Video aufgezeichnet. Am Sonntag werden die bei einer Wahlparty im BAJ noch einmal vorgeführt, per Internet können die Beteiligten und jeweils zwei Freunde ihren Favoriten wählen.

Vierhundertfünfzig Wahlberechtigte kommen so zusammen, am Sonntag ist die Wahlbeteiligung dann aber noch schlechter wie bei den »richtigen« Wahlen, nur 132 Stimmen werden abgegeben. Klarer Sieger wird die Bielefelder Jugendpartei (BJP) mit 18 Prozent. Sie fordert mehr Geld für Freizeitzentren, günstige Hilfsangebote für Schüler und Einrichtungen für Obdachlose. Die Wahlsieger erhalten einen Pokal, die ersten fünf Parteien Geschenke.

Ein Geschenk werden auch die richtigen Politiker erhalten. Die Videos aller Parteien werden auf einer DVD zusammengestellt und dem Oberbürgermeister und den Bürgermeistern übergeben. Da können die Politiker dann lernen, was die Jungwähler von ihnen erwarten. »Wir werden versuchen unsere Forderungen durchzusetzen«, kündigt Sina beim Casting an.