Von Manfred HornDie Initiative »Bielefeld Pro Nahverkehr« lässt nicht locker: Sie hat Ende der vergangenen Woche eine einstweilige Verfügung vor dem Verwaltungsgericht Minden beantragt. Die soll nun entscheiden, ob der Ratsbeschluss von vor zwei Wochen rechtens war. Die Ratsmehrheit aus CDU, BfB und FDP hatte das zweite Bürgerbegehren für unzulässig erklärt, weil es keinen adäquaten Kostendeckungsvorschlag beinhalte. Mit dem Begehren sollte die städtische Mehrheit an den Stadtwerken Bielefeld sichergestellt werden (
vergleiche WebWecker-Schwerpunkt).
Mit einer einstweiligen Verfügung wird der Streit juristisch und vor allem vorläufig geklärt. Es handelt sich um keine ordentliche Klage und es kommt zu keiner mündlichen Verhandlung. Die meisten einstweiligen Verfügungen werden innerhalb von wenigen Tagen entschieden, wenn ein fester Termin wie zum Beispiel eine Demonstration vorliegt. Da es diesen hier aber nicht gibt, kann es durchaus vier Wochen dauern, bis das Gericht Stellung nimmt. Eine derartige Verfügung hätte dann Rechtskraft bis eventuell ein ordentliches Gerichtsverfahren zu einem anderen Ergebnis kommt.
Käme also das Verwaltungsgericht Minden in einer einstweiligen Verfügung zu dem Schluss, das Bürgerbegehren sei doch zuzulassen, müsste der Rat sich erneut damit auseinandersetzen. Dann wäre es wahrscheinlich, er würde der Gerichtsverfügung folgen und inhaltlich über einen Verbleib der Mehrheitsanteile der Stadtwerke Bielefeld bei der Stadt abstimmen. Würde eine Mehrheit des Rates dem Ansinnen des Begehrens widersprechen, käme es zu einem Bürgerentscheid. Dass dies noch vor den Kommunalwahlen geschieht, ist praktisch allerdings ausgeschlossen. Auch ein Bürgerentscheid per Stimmzettel am Tag der Kommunalwahl ist eher unwahrscheinlich.
Der Oberbürgermeisterkandidat der SPD, Pit Clausen, dessen Fraktion ebenso wie die Grünen das Bürgerbegehren unterstützte, hat sich indes in einem Brief an den Regierungspräsidenten Andreas Wiebe gewandt. In dem Brief kommt Clausen zu der Einschätzung, dass die Ratsenscheidung vom 26. August, »rechtswidrig« sei. Zugleich bittet er den Regierungspräsidenten, diese Rechtsverletzung im Rahmen der Aufsichtsfunktion zu beseitigen. Die Ratsmehrheit irre, wenn sie von der Notwendigkeit eines Kostendeckungsvorschlags ausgehe. Das Unterlassen einer Veräußerung sei grundsätzlich keine Kosten auslösende Maßnahme, für die ein Kostendeckungsvorschlag erforderlich wäre, meint Clausen.
Doch selbst wenn man einen Kostendeckungsvorschlag dennoch für erforderlich halte, so sei dieser im konkreten Fall entbehrlich: »Denn durch die Nichtausübung der Put-Option entstehen der Stadt Bielefeld keine Kosten«. Das der Verwaltungsvorlage zugrunde liegende Gutachten des Professors Schmitt gehe »von offensichtlich falschen Zahlenwerten« aus. Clausen zitiert ein Schreiben der Stadtwerke-Geschäftsführung vom 9. März 2004, in dem diese davon ausgehen, dass es für die Stadt wirtschaftlicher sei, die Geschäftsanteile an den Stadtwerken zu halten als weitere Anteile auf Grundlage der Put-Option an die Stadtwerke Bremen zu verkaufen.
Auch gebe es einen Ratsbeschluss zum Verbleib der Stadtwerke Bielefeld bei der Stadt aus dem Jahr 2000. Damals sei bereits die kommunale Mehrheit an den Stadtwerken per Ratsbeschluss festgeschrieben worden. Dieser Ratsbeschluss ist bis heute nicht aufgehoben worden und sei »für die Verwaltung daher weiterhin bindend«.