Wir sind nicht der Bundeskanzler (Teil 4)
Der vorherige AStA hat sich im Bereich Rechtsextremismus stark gegen den »Postmeister«, einen ehemaligen Treffpunkt für Rechtsextreme, engagiert. Ist so etwas für euch auch ein Thema?Emine Ergin: Ein Projekt von mir, das ich gerne gemeinsam mit der Antifa-AG bearbeiten möchte, ist Recherchearbeit mit anschließenden Vorträgen und Diskussionsrunden zum Thema rechte Gruppierungen und Burschenschaften. Da muss ich mich zwar noch einarbeiten, aber das ist ein Projekt, das ich gerne machen möchte. Einfach auch mal zu sehen, ob sich das rechte Spektrum verändert und das Thema den Studierenden näher bringen.
Ingo Bowitz: Uns sind da ja leider Grenzen gesetzt. Wir haben nicht das allgemeinpolitische Mandat und stehen da ständig vor der Gefahr, dafür belangt zu werden, was ja in der Vergangenheit auch passiert ist. Trotzdem ist es keine Frage, dass wir, sobald direkt ein Bezug zur Studierendenschaft hergestellt werden kann, die Zusammenarbeit mit der Antifa-AG suchen und da tätig werden.
Bei Burschenschaften ist der Bezug ja recht leicht herzustellen. Ein anderes allgemeinpolitisches Thema, das dieses Land zur Zeit bewegt, ist sicherlich der Sozialabbau. Da ist der studentische Bezug ja auch nicht so schwer herzustellen: Die Studierenden, die wegen der Gebühren jetzt die Universität verlassen, fallen ja oft direkt in Hartz IV hinein. Ist das für euch auch ein Thema?Ino Bowitz: Definitiv. Wir reagieren da auch zum Beispiel dadurch drauf, dass wir in diesem AStA ein stärkeres Sozialreferat haben, allein von den Aufwandsentschädigungen her, die wir dafür verwenden wollen. Das hat auch ganz klar einen politischen Ansatz. Wir sind jetzt aber nicht der Bundeskanzler, der zu vielen Details Stellung nimmt, weil er auch die Richtlinienkompetenz in der Regierung hat. Unsere Aufgabe ist auch viel Koordination. Für die einzelnen Fachbereiche sind die Referenten zuständig, wie zum Beispiel die Sozialreferentin Christine Göhde, die ja lange Zeit schon beim Freien Zusammenschluss der Studierendenschaften [einer bundesweiten Vereinigung der Studierendenvertretungen, Anm. MAS] in dem Bereich tätig war, die ist da sehr kompetent.
Ingo, jetzt eine gemeine Frage an dich: Viele von den Themen, die wir jetzt angesprochen haben, seien es Studienkonten oder Hochschulkonzept 2010 in NRW, sei es der Sozialabbau auf Bundesebene, sind ja mit den Stimmen der Grünen passiert. Du bist in der grünen Hochschulgruppe und auch in der Partei. Kann man als Studierender unter den Vorzeichen überhaupt noch grün sein?Ingo Bowitz: Es ist ein ständiger Kampf, auch mit dem Gewissen. Die Hochschulgruppe ist aber finanziell und strukturell unabhängig von der Partei und ist bei der auch glaube ich gar nicht so beliebt. Es ist tatsächlich oft nicht leicht miteinander zu verbinden. Auf der einen Seite gibt es in diesem Land Sparzwänge und ich stehe nicht auf der Seite derer, die eine hohe Neuverschuldung fordern. Aber ich betrachte das, was die Grünen zusammen mit der SPD machen, oft auch sehr kritisch. Aber ich sehe auch viele gute Bereiche, die die Grünen gemacht haben, zum Beispiel, dass wir das Milliardengrab Transrapid in NRW nicht haben. Das geht auf die grüne Partei zurück. Sie ist auch weiterhin die Partei, die Studiengebühren ab dem ersten Semester ablehnt. Was Hannelore Kraft und die SPD in diesem Bereich alleine gemacht hätten, das steht in den Sternen. Die Studienkonten sind schlimm, aber ohne die Grünen wäre es teilweise noch schlimmer gekommen.
Danke für das Gespräch