Ein kommunalpolitisches Podium mitten in der Uni-Halle, das hat es auch schon lange nicht mehr gegeben. Radio Hertz 87,9 hatte am Dienstag nachmittag geladen und alle Parteien kamen. Moderiert wurde von Mario A. Sarcletti, Redakteur des Radios und gleichzeitig auch fester Mitarbeiter der WebWecker-NachrichtenredaktionVon Manfred Horn»Politische Partizipation ist nicht en vogue, so scheints«, eröffnet der ebenso eloquente wie sachkundige Moderator Mario A. Sarcletti die Debatte. Bei den vergangenen Kommunalwahlen gab es eine Wahlbeteiligung von circa 57 Prozent. Was tun? Inge Schulze, Oberbürgermeisterkandidatin der Grünen, schlägt vor, auch mal aus dem Rathaus rauszugehen: »Warum nicht auch mal eine Ratssitzung in der Uni?«. Jan Gehring von der BWB und Babara Schmidt, Spitzenkandidatin der PDS Bielefeld, sehen die Lösung in mehr direkter Demokratie. »Wir fordern Bürgerforen«, erklärt Gehring.
Anschließend geht es um den Haushalt beziehungsweise das riesige Haushaltsloch in Bielefeld. Die Ursachen ist für Dietrich Heine, Ratsherr der CDU, schnell ausgemacht: Die schlechte Wirtschaftslage, die sinkende Gewerbesteuer, die fehlende Gemeindefinanzreform. Die Folge: »Wir stellen alle freiwilligen Leistungen der Stadt auf den Prüfstand«. Dies könne bei der Stadtverwaltung auch zu einer Personalreduzierung führen. Widerspruch kommt von Hans Hamann, Ratsvertreter der SPD: »In Bielefeld wird nicht gesteuert, sondern verkauft«. Von Bund oder Land mehr Geld haben zu wollen, sei nicht der richtige Weg, die hätten schließlich selber keins.
Ralf Schulze, Ratsvertreter der BfB, sieht den Grundfehler darin, dass seit Gründung der Bundesrepublik der Staat immer mehr ausgegeben als er eingenommen habe: »Es gibt einfach keine Reserven aus den Zeiten, in denen es uns gut ging«. Konkret äußert er sich zu einem möglichen Verkauf der Stadtanteile an den Stadtwerken: »Dies macht im Moment keinen Sinn«, da das Zinsniveau zu niedrig sei. Schulze würde den Verkaufserlös nämlich anlegen wollen, um damit dauerhaft die Schulden Bielefelds, circa 850 Millionen Euro, bedienen zu können.
Inge Schulze will ein »aufgabenkritisches Verfahren«: Was sollte die Stadt selbst machen, was per Leistungsvertrag nach außen geben, wo können Einrichtungen mit bürgerschaftlichem Engagement laufen. Eine Einrichtung wie das Sportamt müsse auf den Prüfstand. Die Aufgaben könne auch der Stadtsportbund übernehmen. Sie schließt ebenso wie Heine nicht aus, dass es perspektivisch dabei zu einem Stellenabbau bei der Stadt kommen könne.
Otto Sauer, Ratsherr der FDP, will eine Reduzierung der städtischen Aufgaben auf die, die gesetzlich nötig sind. Er spricht sich für einen Verkauf der Stadtwerkeanteile aus, um den Haushalt zumindest zum Teil zu sanieren. Auch eine Privatisierung des städtischen Umweltbetriebs »zu 90 Prozent« befürwortet er. Dadurch ließen sich Erlöse erzielen und »Verwaltungsgeschehen reduzieren«. Die Erlöse aus den Verkäufen will er anlegen, um Schulden abzubauen.
Babara Schmidt, die Vertreterin der PDS, hat eigene Antworten: Sie nimmt nicht die Ausgaben-, sondern die Einnahmenseite in den Blick: »Die, die wirtschaften, zahlen keine Steuern mehr«, sagt sie. Einer Haushaltskonsolidierung auf Kosten der Beschäftigten und sozial Schwachen sagt sie den Kampf an: »Da werden wir Gegenwehr organisieren«. Jan Gehring, Vertreter der BWB, sieht Sparpotential beispielsweise beim Altstadtpflaster. Da soll neues her, hat die Ratsmehrheit beschlossen. Doch das Motto: Nicht kleckern, sondern klotzen, sei falsch. Bielefeld brauche kein so teures Pflaster.