Das Welthaus-Bildungsprojekt beleuchtet das Handy in all seinen Facetten: Von der Herstellung bis zum digitalen Graben, der die Menschen in Besitzer und Nicht-Besitzer der kleinen Kommunikationskästen teiltVon Manfred Horn»Ich bin jetzt kurz vor Bielefeld. Komme gleich an und bin ich zehn Minuten da«. Wer kennt es nicht, das Handy-Gespräch im Zug. Mal eben schnell sich seiner Existenz vergewissern. Es ist schon bemerkenswert: In seiner Zeit der Entsozialisierung und Entsubsidarisierung der Gesellschaft greifen die Individuen verstärkt auf Kommunikationsmedien zurück: Häufig nicht, um schwergewichtiges zu sagen, sondern einfach, um für andere hörbar eine Spur des eigenen Lebens zu hinterlassen.
Noch vor zehn Jahren wäre ein Mensch, der auf der Straße mit sich selber spricht, von seinen Mitmenschen in die Nähe des Wahnsinns gerückt worden. Heute ist es normal: Das öffentlich sprechende Wesen, scheinbar zu sich selbst, tatsächlich in die kleinen Apparate hineinsprechend. Handys haben sich zu einem selbstverständlichen Medium entwickelt. Wer heute keines hat, droht sogar den Anschluss zu verlieren.
Die enorme Bedeutung von Handys war auch der Anlass für den Bildungsbereich des Welthaus Bielefeld, sich des Themas in seiner Vielfältigkeit anzunehmen. Bis Mitte Juli werden 18 Klassen oder Kurse Bielefelder Schulen die fünf Lernstationen des Welthauses in jeweils kompakten Drei-Stunden-Blöcken durchlaufen haben, sich vorher und nachher im Unterricht mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Ab September dann geht das Projekt in Form einer ausleihbaren Projektkiste sogar auf Reisen.
Notwendig, aber auch nervig»Mein Handy abstellen? Dabei habe ich kein gutes Gefühl, dann bin ich ja nicht mehr erreichbar«, sagt der 22-jährige Eike, Schüler des Westfalenkollegs. Er ist mit seinen Mitschülern aus dem Soziologie-Kurs am Dienstag morgen im Welthaus. Alle sind selbstverständlich mit Handys ausgerüstet, viele davon haben darüber hinaus eine Flat-Rate, eine 24-Stunden-Internetanbindung. Die Schüler sind sich einig: Ein Handy zu haben ist wichtig, beruflich notwendig, manchmal kann das Ding aber auch ganz schön nerven. Überall erreichbar zu sein ist nicht immer ein Idealzustand.
Südlich der Sahara ist SchichtDie erste Lernstation der Kolleg-Schüler befasst sich mit dem Digitalen Graben. Er teilt die Menschen, je nachdem, ob sie Zugang zu Information und Wissen haben. Die Gräben verlaufen innerhalb der deutschen Gesellschaft: Nicht alle haben genügend Geld für Handy und Internet, viele sind technisch überfordert. Global gesehen gibt es nach wie vor weiße Flecken auf der Landkarte: Südlich der Sahara stehen statistisch gesehen 17.000 Menschen vor einer Telefonzelle. Die Mehrzahl der inzwischen 250 Millionen Handybesitzer in Afrika wohnt im Norden und Süden des Kontinents.
In Zentralafrika, gibt es nur sehr wenige Festnetzanschlüsse. In Mocambique oder Eritrea müssen die Menschen zwei Jahre auf ein Festnetzanschluss warten, erläutert die Welthaus-Mitarbeiterin, die das Handyprojekt betreut. Eigentlich ein Zukunftsmarkt für die Handy-Branche. Doch die Privatwirtschaft investiert nur da, wo auch die Kasse klingelt. Die Mehrzahl der Menschen in Zentralafrika ist aber extrem arm und kann sich kein Handy leisten. Dieser müsse dann anders als marktwirtschaftlich hergestellt werden, meint Fries. Es dürften nicht nur die Gewinninteressen der Unternehmen zählen.