| |
Zehntausend demonstrierten am vergangenen Samstag in Stuttgart gegen Genfood. Foto: Aktionsbündnis Gentechnik-freie Landwirtschaft in Baden-Württemberg
|
Von Manfred HornIn Bielefeld ein Infostand vor dem real-Supermarkt, in Stuttgart demonstrierten am Samstag gleich 10.000 Menschen gegen Gentechnik in der Landwirtschaft und in Lebensmitteln.
Die seit November 2003 rechtskräftigen neuen EU-Verordnungen zu gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln sowie zur Rückverfolgbarkeit mussten innerhalb der Europäischen Union bis spätestens 18. April umgesetzt werden. Die Bundesregierung hat sich genau für diesen letzten möglichen Termin entschieden.
Verbraucherministerin Renate Kühnast lobte den Kompromiss, der in Brüssel erzielt wurde. Doch letztlich hat die Gentechnologie damit einen Schritt nach vorne gemacht: Zum einen ist nicht alles kennzeichnungspflichtig, was genmanipuliert ist, zum zweiten fehlen nötige Kontrollinstanzen und Sanktionsmöglichkeiten. Ein bald fünfjähriger Zulassungsstopp für Gvo-Produkte, also Lebensmittel, die gentechnisch veränderten Organismen hergestellt wurden, endete mit der neuen EU-Verordnung.
Und: Gleichzeitig breitet sich der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen weiter aus, die 2001 verabschiedete EU-Freisetzungsrichtlinie lässt europaweit anmeldepflichtigen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zu Versuchszwecken zu. So startete in diesem Monat erstmals in Deutschland auf einer Versuchsfläche der Anbau von gentechnisch verändertem Weizen. Nahe Bernburg in Sachsen-Anhalt bringt die Schweizer Firma Syngenta auf 450 Quadratmeter Fläche gentechnisch veränderten Mais aus. Weltweit werden bereits auf 60 Millionen Hektar Genpflanzen angebaut. Das Saatgut dazu stammt von fünf großen Konzernen, die die Gentechnologie massiv vorantreiben: Monsanto, Syngenta, Bayer, Dupont und Dow. Sie liefern den Bauern nicht nur das Saatgut, sondern auch die abgestimmten Pestizide dazu.
Noch lehnen in West-Europa circa dreiviertel aller Menschen gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Die Gentechniklobby lässt aber nichts unversucht, des Volkes Meinung zu ändern. Schließlich geht es bei der sogenannten grünen Gentechnologie um viel Geld. So ist in Deutschland im Februar 2004 ein neues Gentechnikgesetz vom Bundeskabinett beschlossen worden. Die von den Gentechnik-Konzernen belobby`ten Ministerien Wirtschaft und Forschung setzten für gentechnikfreundliche Bestimmungen im geplanten Gesetz ein. Der verabschiedete Entwurf ist ein Kompromiss mit dem genfood-kritischen Verbraucherministerium, im wesentlichen setzt er EU-Recht um: Damit ist gentechnischer Anbau in der Landwirtschaft in Deutschland erlaubt, wenn er genehmigt wird.
Bundesforschungsministerin Edelgard Buhlmahn, eine der BefürworterInnen von Gentechnologie, erklärte, das neue Gesetz sei ein Schritt in die Richtung, »die verschiedenen Anbauformen, ob mit oder ohne Gentechnik gleichberechtigt nebeneinander zu ermöglichen«. Eine kontrollierte Marktzulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen und Produkten sei jetzt möglich. »Wir gehen mit den Potentialen der Gentechnik verantwortungsvoll um, müssen aber auch die Chancen und Potentiale dieser Schlüsseltechnologie sehen und nutzen«, fügte Bulmahn nach dem Kabinettsbeschluss hinzu. Nach Ablehnung durch die CDU-regierten Länder im Bundesrat ist das Gesetz Anfang April in den Vermittlungsausschuss überwiesen worden, also noch nicht verabschiedet.