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Michael Frayn, »Das Spionagespiel«



Titel: »Das Spionagespiel«

"Alles ist wie früher, stelle ich fest, als ich mein Reiseziel erreicht habe, und alles hat sich verändert....Die gleiche altvertraute, stille, süße, langweilige Durchschnittlichkeit.“ Nach fast 50 Jahren Abwesenheit sucht der Ich-Erzähler, Stephen Wheatly, „die Close“ einen Ort seiner Kindheit auf. Ihn treibt eine Art Heimweh oder Wehmut. Selbstverständlich findet er den Ort völlig verändert, statt üppiger Gärten oder hoher Bäume sind die alten, renovierten Häuser jetzt von Garagen und Autostellplätzen gesäumt. Die Siedlung, ein klassischer Londoner Vorort, entstand auf Ackerland, an ihrem Rande befanden sich die „Barnes“, dem Verfall preisgegebene aber noch bewohnte Bauernhäuser. Close und Barnes konnten gegensätzlicher nicht sein: aufgeräumt, wohlhabend und übersichtlich gegenüber dreckig, arm und mysteriös, zudem beängstigend durch kläffende, wütende Hunde und arme dreckige Kinder. Die Barnes sind mittlerweile verschwunden, doch der leicht aufdringliche Duft des Ligusters und die gedämpften Geräusche der Bahn hinter dem entferntem Bahndamm lassen die Vergangenheit lebendig werden: Während des 2. Weltkrieges verbringt Stephen Wheatly einen Sommer lang jede freie Minute mit seinem Freund, Keith Hayward, auch wenn beide Welten trennen. Stephens Vater fährt jeden Tag zur Arbeit, die Mutter versucht das alltägliche Chaos in Ordnung zu verwandeln, es mangelt an Raum und Geld. Die Haywords entsprechen dem Klischee der typischen britischen Familie: ein gehorsamer, geschniegelter Sohn, der selbstverständlich die bessere Schule besucht, ein autoritärer, aristokratisch wirkender Vater, der im ersten Weltkrieg mehrere Deutsche tötete und jetzt seine Zeit damit verbringt, sich penibel um Rasen, Garten und Auto zu kümmern und eine Mutter, elegant, kultiviert, immer ein wenig unnahbar. Vielleicht aus Langeweile oder Wichtigtuerei verdächtigt Keith seine Mutter, eine deutsche Spionin zu sein. „Aus diesen sechs Wörtern ergab sich jedenfalls alles Folgende, einfach nur deswegen, weil Keith sie aussprach und ich sie hörte.“ So simpel und trivial beginnt die jugendliche Spionagetätigkeit. Allerdings hat Keith Mutter tatsächlich etwas zu verbergen, etwas, das die beiden niemals vermutet hätten. Das Spiel der beiden Freunde bleibt nicht unbemerkt, auch das hat Folgen für alle Beteiligten. Stephen muss mehrere Male erfahren, dass seine Handlungen, egal wofür er sich entscheidet, neue konfliktreiche Situationen hervorbringen. Er ist gezwungen, Antworten auf die Fragen nach Loyalität und Verantwortung zu finden.