Eine Anatomie der Bundesrepublik
Mehr als ein Vierteljahrhundert hat Gunter Hofmann als Politikredakteur der Wochenzeitschrift DIE ZEIT mit seinen herausragenden Berichten und Analysen die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland begleitet. Den Umzug der Bundesregierung nach Berlin nimmt er zum Anlass, eine politische Bilanz der Bundesrepublik zu ziehen. Mit seinem gewohnt menschlichen Blick. Wovon hat sich die neue Berliner Republik schon verabschiedet, was beginnt wirklich neu? Hofmann diagnostiziert eine große politische Stabiliät und attestiert dem Land politische Reife, aber nicht wegen seiner Politiker, sondern - und das ist das interessante Ergebnis seiner Bilanz -, weil sich die Bundesrepublik in eine Zivilgesellschaft entwickelt hat, die in großem Maße die Geschicke des Landes trägt und gestaltet und weil Deutschland zu einem europäischen Deutschland geworden ist. Am Weg der europäischen Integration gehe nichts vorbei. So fordert Hofmann auch eine Verfassung für Europa. Denn dann könne "kein Jörg Haider, kein Silvio Berlusconi, kein antieuropäischer Affekt" (346) hinter Europa zurückführen. Außerdem rät er der Linken in Deutschland, wieder normativ zu werden (440). Sie müsse sich auf den Weg zu einer engagierten Zeitgenossenschaft machen. Sehr leicht, sehr klug, sehr politisch argumentiert - in der heutigen Zeit. Eine lesenswerte Bilanz.