Nach Ansicht der Wählergemeinschaft würde von diesem Einmischen der Bürger auch die Kommune profitieren. »Wir meinen, dass viele Bielefelder Bürger/Innen kompetent sind, die politischen Entscheidungen, z.B. zur Stadtentwicklung, zu fördern«, heißt es in dem Positionspapier. Kompetenzen, die nach Meinung der »Bürgernähe« bisher viel zu wenig genutzt wurden. »Die waren doch bisher eher lästig«, beschreibt Jan Gehring die Erfahrungen der Bürger, die sich bisher in Fragen der Stadtentwicklung engagierten.
In einem Fall glaubt die BWB allerdings, dass die Kompetenz der großen Mehrheit der Bürger zu gering ist: »Der Hauhaltsplan ist nur für Verwaltungsexperten lesbar. Er ist in einer Sprache geschrieben, deren Unverständlichkeit vom Gesetzgeber nicht vorgegeben ist«, kritisiert »Bürgernähe«. Der Grundsatz der Haushaltsklarheit dürfe nicht nur für interne Verwaltungsangelegenheiten gelten. Deshalb sollten nach Meinung der Wählergemeinschaft die Bürger in »verständlicher Form« über Haushaltspläne und abschlüsse informiert werden. Tatsächlich sind die Haushaltspläne der Stadt für Laien ein Buch mit mehr als sieben Siegeln.
Trotz dieser Schwierigkeiten mit dem Fachchinesisch der Verwaltung trauen sich die streitbaren Bürger zu, sich auch in wirtschaftliche Belange einzumischen. So sehen sie im Verkauf städtischer Betriebe Gefahren. Da mögliche Käufer vor allem auf Gewinnmaximierung ausgerichtet seien, drohe der Abbau von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. »Die sozialen Folgen führen zu steigenden Sozilallasten für die Allgemeinheit, insbesondere für die Kommune. Das ist kontraproduktiv für unsere Stadt«, warnt das Papier.
Gefahrenabwehr will »Bürgernähe« auch bei den städtischen Beteiligungen, wie etwa am Flughafen Paderborn-Lippstadt oder an Radio Bielefeld, betreiben, die nach Meinung der Wählergemeinschaft überprüft werden sollen. Vor allem aber sollen die Funktionen der politischen Personen, die in Gremien dieser Unternehmen tätig sind, offengelegt werden. »Diese Offenlegung dient unter anderem dazu, mögliche Korruption zu vermeiden«, argumentiert Bürgernähe für mehr Transparenz.
Außerdem möchte »Bürgernähe« durch verbesserte Kommunikation das wirtschaftliche Klima in der Stadt verbessern. Mögliche Konflikte zwischen den Interessen der Wirtschaft und denen der Bürger sollen schon im Vorfeld entschärft werden. Jan Gehring nennt dafür ein Beispiel: »Bei mir im Viertel wird derzeit ein Werk für technische Gase gebaut. Da werden in Zukunft Gefahrenguttransporte durch Wohnviertel rollen«, sieht Gehring hier Probleme vorprogrammiert. Wäre im Vorfeld mit den Anwohnern gesprochen worden, hätte seiner Meinung nach eine Lösung gefunden werden können, die für beide Seiten akzeptabel ist.
Keine sehr glückliche Hand bei StadtgestaltungBei ihrem Hintergrund in den Bürgerinitiativen B66n, Detmolder Straße und gegen den Landebahnausbau in Windelsbleiche ist es nicht verwunderlich, dass den Bürgernahen Verkehrspolitik und Stadtplanung ein Anliegen sind. Bei der Forderung nach einem städteplanerischen Gesamtkonzept für Bielefeld klingt das Positionspapier wie auch an anderen Stellen ob dieser Entstehungsgeschichte der Wählergemeinschaft aber erstaunlich moderat: »In den letzten Jahrzehnten hatte die Stadt an vielen Stellen in der architektonischen Stadtgestaltung keine sehr glückliche Hand«, formuliert »Bürgernähe«. Die in dem Papier genannten Beispiele Pizza-Hut und Amerikahaus mussten schon schlimmere Einschätzungen einstecken.