Webwecker Bielefeld: mimi01

MiMi macht Mut (17.03.2004)



MiMi
Gutes Team: Ausbilder und Teilnehmer von MiMI: (v.l.n.r.) Lütfiye Polat, Cemile Dincer-Güngör, Annegret Grewe, Yokeeswaran Araunasalam, Angelika Riedrich, Dirk Cremer Ahmed Kimil, (vorne) Melek Altindag, Eugenia Betancourt-Hein, Cornelia Neumann





























In Bielefeld arbeiten zukünftig Migranten bei der Gesundheitsförderung und -prävention selbstständig mit. Im Rahmen des bundesweiten Gesundheitsprojekts ›MiMi‹ (MIT Migranten FÜR Migranten) wurden in Bielefeld seit August vergangenen Jahres 30 MigrantInnen unterschiedlicher Herkunft ausgebildet.


Von Manfred Horn

»Ich werde mein neues Wissen an meine Frauengruppe weitergeben«, sagt Eugenia Betancourt-Hein. Seit fünf Jahren lebt die Guatemala geborene Betancourt-Hein in Bielefeld. Sie war von der 50-stündigen Schulung angetan: »Das deutsche Gesundheitsssystem zu kennen ist wichtig«. Ebenso Melek Altindag: Für die türkeistämmige Krankenschwester aus Blomberg ist die Schulung eine gute Plattform, um Menschen aus der türkeistämmigen Community zu beraten.

Im Zentrum der Schulung, die vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK) finanziert wurde, stand dann auch das deutsche Gesundheitssystem. Wann kann ich zum Arzt gehen, kostet der Besuch? Scheinbar banale Fragen, die nach der Gesundheitsreform selbst bei in Deutschland Aufgewachsenen für Verwirrung sorgt. Weitere Themen: Ernährung, Unfallprävention, Schwangerschaft, Sucht und Arzt-Patient-Verhältnis.

Durchgeführt wurde die Schulung vom Ethnomedizinischen Zentrum Hannover. Das Zentrum bekam die Mittel und suchte sich vier Standorte aus: Hannover, Hildesheim, Münster und Bielefeld. Lokale Kooperationspartner waren das Interkulturelle Büro, der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes, das Gesundheitsamt und der Verein psychologische Frauenberatung. Den methodisch-didaktischen Teil der Schulung führte Ahmet Kimil vom Etnomedizinischen Zentrum durch: Der diplomierte Psychologe ist selbst Kind türkischer Arbeitsmigranten und weiß gut, wo er ansetzen muss und wo er hin will: »Das Gesundheitssystem transparent machen und den Zugang gewährleisten sorgt für gut integrierte Migranten«. Für Fachfragen standen ehrenamtlich Ärzte, Beratungsstellen und Krankenkassen zur Verfügung.

Die Schulung richtete sich vorrangig an Migranten deren Muttersprache russisch, türkisch, serbisch, kroatisch oder bosnisch ist. Die 30 Teilnehmer in Bielefeld, zu 85 Prozent Frauen, kamen aus elf Ländern. Sie können jetzt in die Beratung gehen. Die Idee: Sie sollen als Mediatoren selbstständig innerhalb ihrer ethnischen Gemeinde wirken, Gesundheitsförderung und Präventionsgedanken verbreiten. So sollen Migranten ihre Gesundheit stärker in eigene Hände nehmen. Führen die Mediatoren mindestens eine Beratung durch, erhalten sie ein entsprechendes Zertifikat.

Dabei sollen sie nicht gesundheitliche Regeln formulieren, sondern beraten. »Wir wollen das eng mit dem verknüpfen, was schon in Bielefeld ist«, sagt Annegret Grewe vom Interkulturellen Büro der Stadt. Die AOK habe bereits Interesse signalisiert, Verknüpfungen mit dem Verein psychologische Frauenberatung oder dem DRK/Caritas Aussiedlerprojekt angestrebt. Auch Beratung im Verein, am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft sind gewünscht.

Ethnomedizin beschäftigt sich mit der Definition und Interpretation von Gesundheit und Krankheit in unterschiedlichen Kulturen, sowie mit den daraus resultierenden kulturspezifischen Heil- und Behandlungsweisen. Da Gesundheits- und Krankheitsvorstellungen kulturell unterschiedlich sind, treffen Migranten in Deutschland auf für sie teilweise unbekannte Vorstellungen.