Am vergangenen Donnerstag protestierten etwa zwei Dutzend Menschen in der Bielefelder Bürgerberatung gegen die Abschiebung von Roma in den Kosovo. Die aktuelle Entwicklung dort lässt die noch fragwürdiger erscheinen.Von Mario A. SarclettiAm vergangenen Wochenende beschloss nach Italien und den USA auch die Bundesrepublik ihre Truppen im Rahmen des UN-Einsatzes im Kosovo aufzustocken. Grund waren die Unruhen in der Region, bei denen mehr als dreißig Menschen starben und Kirchen, Moscheen und Wohnhäuser niedergebrannt wurden. Die Ereignisse zeigen, dass das Kosovo noch weit von einem friedlichen Zusammenleben der Volksgruppen entfernt ist. Dennoch starten seit vergangenem Juni jeden zweiten Donnerstag Flugzeuge vom Flughafen Düsseldorf in die Provinzhauptstadt Pristina, um Menschen in die Region abzuschieben, aus der sie vor Jahren vor dem Bürgerkrieg nach Nordrhein-Westfalen flüchten konnten.
Auch fünf Familien aus Bielefeld, die seit 14 Jahren hier leben, wurden von der Bielefelder Ausländerbehörde für die Flüge angemeldet. Sie sollen in eine »Heimat« abgeschoben werden, die die Kinder kaum kennen. Seit der Aufnahme der Abschiebeflüge mussten die Betroffenen bereits zwanzig Mal befürchten, abgeholt und abgeschoben zu werden. Sie gehören der ethnischen Minderheit der Ashkali an, einer Romagruppe (
WebWecker berichtete). Die Roma sind im Kosovo der Verfolgung durch die albanische Mehrheit ausgesetzt, die meisten leben in slumähnlichen Enklaven. Um auf die Situation der in Bielefeld lebenden Ashkali aufmerksam zu machen, demonstrierten am vergangenen Donnerstag um 13.30 Uhr, als wieder ein Flugzeug nach Pristina starten sollte, etwa zwei Dutzend Menschen von der »Kampagne gegen Abschiebung Roma und Ashkali bleiben hier (KARABH)« in der Bielefelder Bürgerberatung vor dem Büro von Amtsleiter Rolf Gieselmann.
Der fühlt sich zu Unrecht an den Pranger gestellt: »Das ist keine Entscheidung der Stadt, ob jemand in den Kosovo abgeschoben wird. Die Innenministerkonferenz entscheidet, ob Menschen rückgeführt werden können«, beschreibt Gieselmann die Rechtslage. Und die ist das, was für die Behörde zählt: »Die Verwaltung muss nach Recht und Gesetz agieren«, so Rolf Gieselmann. Seine persönlichen Empfindungen seien dabei zweitrangig, entgegnet er auf die Frage, wie auf ihn persönlich die Fernsehbilder von den Unruhen wirken und wie es für ihn wäre, wenn er wüsste, dass Abgeschobene unter den Opfern der Ausschreitungen wären.
»Das Flugblatt ist nicht besonders sachlich dargestellt«, kritisiert Gieselmann KARABH. In dem Text heißt es auch, dass er im vergangenen Jahr gesagt habe, dass »er davon ausgeht, dass kein Roma in Bielefeld ein Aufenthaltsrecht bekommen wird.« Er habe im vergangenen Jahr nur gesagt, dass die etwa 15.000 in Nordrhein-Westfalen lebenden Roma aus dem Kosovo in absehbarer Zeit kein Aufenthaltsrecht erhalten werden. »Ich habe nie gesagt, dass das nie passieren wird«, verteidigt sich Gieselmann.
Zudem seien zumindest in den vergangenen zwei Jahren keine Menschen aus Bielefeld in den Kosovo abgeschoben worden, erklärt Rolf Gieselmann. Dass der Flug am vergangenen Donnerstag auf Grund der Ereignisse in Mitrovica abgesagt wurde, findet er nachvollziehbar. »Dass man derzeit keine Rückführungen durchführt, versteht sich von selbst«, so seine Bewertung der aktuellen Lage im Kosovo. Zu den »Rückführungsmaßnahmen« gibt es für ihn aber keine Alternative. »Die Staatengemeinschaft kann es grundsätzlich nicht hinnehmen, dass Menschen, die da gelebt haben, da nicht mehr leben können«, findet Gieselmann. Deshalb versuche die internationale Gemeinschaft den Konflikt zu entschärfen.