Webwecker Bielefeld: geschlechterforschung01

Überall Geschlechterforschung (04.02.2004)



In seiner heutigen Sitzung verabschiedete der Senat der Universität den neuen Rahmenplan zur Gleichstellung von Männern und Frauen. So mancher Professor hatte dabei Angst, dass jetzt in allen Fächern auch geschlechterspezifische Fragen behandelt werden sollen

Von Mario A. Sarcletti

Vor der Verabschiedung des Rahmenplans zur Gleichstellung von Männern und Frauen an der Universität Bielefeld wurde im Senat der Hochschule noch erbittert um einzelne Formulierungen gerungen. Vor allem ein Passus zur Stellenbesetzung bereitete den Professoren Sorgen. Nach dem soll »geprüft werden, ob geschlechtsspezifische Fragen (bzgl. des Inhalts der Stelle), Kompetenzen und Erfahrungen in die Stellenausschreibung aufgenommen werden können.«

»Das würde doch heißen, dass überall Geschlechterforschung betrieben wird. Das kann nicht sein«, monierte der Sportwissenschaftler Claus Cachay. Wenn Forschung immer unter geschlechtsspezifischen Aspekten gesehen würde, wäre dies auch schlecht für die Geschlechterforschung. Die Dekanin der Fakultät für Pädagogik, Katharina Gröning, nannte allerdings ihr Fach als Gegenbeispiel. Die Berücksichtigung des Faktors Geschlecht sei da schon lange üblich. »Und das hat die Pädagogik insgesamt vorangebracht«, erklärt sie. Auf Anregung der Gleichstellungsbeautragten der Universität, Uschi Baaken, wurde der umstrittene Satz geändert. Das Wort »Fragen« wurde durch »Aspekte« ersetzt, »können« durch »sollten«.

Uschi Baaken gibt zu, dass die Formulierung, wie auch manch anderer in langen Verhandlungen ausgehandelte Kompromiss, eine Verschlechterung bedeutet. »Ich musste mich da der professoralen Übermacht beugen«, beschreibt sie das Geschlechterverhältnis auch in Gremien der Universität. So entschärften die Herren Professoren einen Paragraphen, der Studierenden mit Kindern das Studium erleichtern soll. Die Fakultäten sollten durch »studienorganisatorische Maßnahmen« dafür sorgen, dass die beiden Vollzeitjobs besser vereinbar sind. »Dazu gehört das Angebot von Pflicht- und Wahlpflichtveranstaltungen in ausreichender Zahl zu den Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen«, formulierte die Gleichstellungsbeauftragte. Auf Wunsch der Professoren wurde aus dem »Angebot« ein »Mindestangebot«, »sodass studierende Eltern die Anforderungen und Vorgaben aus den Studienordnungen erfüllen können, soweit nicht zwingende sachliche und räumliche Gründe dem entgegenstehen.« Ob die weit verbreitete montägliche und freitägliche Lehrunlust ein solcher »sachlicher Grund« ist, bleibt abzuwarten, Spötter sprechen wegen dieser Unlust gern von der DiMiDo-Universität.

»Unter dem Strich ist der Rahmenplan aber auf jeden Fall eine Verbesserung«, freut sich Uschi Baaken aber doch, dass der Plan nach einem halben Jahr schwieriger Diskussionen unter Dach und Fach ist. Auch wenn die Gleichstellungsbeauftragte Realistin ist: »Das sind natürlich Worthülsen, wenn auch welche mit verpflichtendem Charakter. Aber es wird schwierig die Umsetzung zu überprüfen«, räumt Baaken ein. Mitte 2005 will sie dies aber nach statistischen und qualitativen Kriterien tun. Dann wird sich zeigen, ob die Universität Bielefeld dem Ziel näher gekommen ist, das sie in der Präambel ihrer neuen Grundordnung formuliert: »Die Universität wirkt auf eine demokratische Geschlechterkultur hin und unterstützt die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Studium, Wissenschaft und Forschung, bei der Selbstverwaltung und in allen Beschäftigungsbereichen«, heißt es da. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.