Fast euphorisch (Rechenschaftsbericht Uni-Rektor; 21.01.2004)
Der Rechenschaftsbericht 2003 des Rektors der Universität Bielefeld an den Senat fällt erwartungsgemäß sehr positiv aus. Der Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) Stefan Bröhl sieht das vergangenen Jahr weniger rosig.Von Mario A. SarclettiIn der heutigen Senatssitzung legte der Rektor der Universität Bielefeld Dieter Timmermann dem nach dem Rektorat höchsten Gremium der Hochschule seinen Rechenschaftsbericht 2003 vor. Allerlei Positives wusste der Rektor über das vergangene Jahr aus seiner Sicht zu berichten. Da wurde für 4,3 Millionen Euro ein neues Haus für Versuchsmäuse errichtet, der Plenarsaal des Zentrums für Interdisziplinäre Forschung (ZiF) nach 30 Jahren renoviert, im Sport gab es schöne Erfolge für die Bielefelder Hochschulteams zu feiern.
Tatsächlich ist zum Beispiel das zweithöchste Drittmittelaufkommen in der Geschichte der Universität auch ein Grund stolz zu sein. Nur 2002 war die Summe der Gelder, die für Forschungsprojekte vom Land, Stiftungen und der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingeworben wurden, höher als die 34,5 Millionen Euro aus dem Jahr 2003. So finanziert die Volkswagenstiftung eine Forschergruppe des Instituts für Wissenschafts- und Technikforschung und der TU Hannover zum Thema »Wissenschaft im Umbruch Auf dem Weg in die Wissensgesellschaft«. Auch was Graduiertenkollegs angeht, steht die Uni Bielefeld gut da, das jüngste im Forschungsbereich Gewalt- und Konfliktforschung zum Thema »Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« ist ein Beispiel dafür, dass die Hochschule in manchen Forschungsbereichen Hervorragendes leistet.
Die insgesamt so positive Sicht des Rektors auf das vergangenen Jahr mag der AStA-Vorsitzende Bröhl dennoch nicht so recht teilen. »Ein bisschen kritische Selbstbetrachtung gehört ja eigentlich bei einem Rechenschaftsbericht auch dazu«, findet der Studierendenvertreter. »Der Bericht kommt so in der typischen Timmermann-Manier rüber: Sehr optimistisch, fast schon euphorisch. Da sind aber einfach auch Beschönigungen drin«, kritisiert Bröhl. Wäre es ein Bericht an das Ministerium könnte er das verstehen, so Bröhl, beim Bericht an das Gremium, das den Rektor kontrolliert, wäre seiner Meinung nach mehr Offenheit angebracht: »Da kann man auch mit offenen Karten spielen.«
Der Einwand des AStA-Vorsitzenden ist verständlich, denn vor allem in den Bereichen, die die Studierenden betreffen, tauchen kaum kritische Anmerkungen auf. Zum Beispiel zu den 650 Euro Studiengebühren pro Semester, die 2003 für die Studierenden eingeführt wurden, die einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss im In- oder Ausland erworben oder die Regelstudienzeit meist neun Semester um das 1,5-fache überschritten haben. Dazu bemerkt Timmermanns Bericht nur: »Eine große, schon jetzt schwer überschaubare Zahl von Regelungen deutet aber auf zusätzlichen Verwaltungsaufwand sowie erhebliches Konfliktpotential hin und darauf, dass solche Konflikte oft auf aufwendige Einzelfallentscheidungen hinauslaufen werden.« Stefan Bröhl findet, »dass man da ruhig ein bisschen darauf eingehen könnte, was die Gebühren für die Universität bedeuten«. Sie könnten tatsächlich dramatische Auswirkungen auf die Hochschule haben: Über ein Viertel der Studierenden dürfte von den Gebühren betroffen sein, viele von ihnen werden ihr Studium abbrechen oder sich in Bundesländern einschreiben, die keine Gebühren von ihnen verlangen.