Die Studierendenzahlen sind aber auch ein Kriterium für die Mittelzuweisung durch das Land. Außerdem spielen sie eine Rolle beim Hochschulkonzept 2010, mit dem Wissenschaftsministerin Kraft die nordrhein-westfälische Hochschullandschaft reformieren will. Das Konzept bedeutet wahrscheinlich das Aus für die Fächer Französisch und Spanisch in Bielefeld. Zu der Diskussion um das Konzept sagt Timmermann, dass damit ein wichtiger Schrittt zu einer weiteren Profilbildung und einem noch gezielteren Ressourceneinsatz an der Universität Bielefeld gemacht worden sei. Die Einschätzung Stefan Bröhls, dass das Rektorat ein Befürworter des Konzeptes sei, wird durch Timmermann bestätigt: »Dass die internationale Konkurrenzfähigkeit nur mit einer konsequenten, auf eine ungeschminkte Stärken-Schwächen-Analyse gestützten hochschulinternen Strukturpolitik zu erhalten ist, dürfte im Hause inzwischen weitgehend unumstritten sein«, heißt es im Bericht des Rektors. Den Ansatz der Reform unterstützt Timmermann also in dem Jahresbericht, er führt nur den Einwand an, dass »dies unter den gegenwärtigen Haushaltsbedingungen extrem schwierig sei« und die derzeitigen »bundesweiten, von den Lehrenden und den Hochschulleitungen mit Sympathie verfolgten Proteste der Studierenden gegen die Unterfinanzierung nur zu berechtigt sind«.
Eine grundsätzliche Kritik am Hochschulkonzept 2010, bei dem vermeintlich schechte Studiengänge gestrichen oder an wenigen Hochschulen konzentriert werden sollen, äußert hingegen Stefan Bröhl. Das Konzept orientiere sich zwar an der Nachfrage. »Die Frage ist aber, wer da nachfragt: Ob da die Wirtschaft nach Humankapital nachfragt oder ob da auf die Interessen der Studierenden geachtet wird. Und das Konzept schaut mehr auf die Wirtschaft«, erklärt Bröhl seine Vorbehalte gegen die Ideen von Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft. »So sind ja auch Arbeitsmarktprognosen in dem Konzept enthalten und die wurden von Unternehmensberatern wie McKinsey erstellt«, nennt er einen Grund für seine Skepsis gegenüber dem Hochschulkonzept 2010.
Einig sind sich Dieter Timmermann darüber, dass die Einführung der nur dreijährigen Bachelor-Studiengänge im Wintersemester 02/03 zu Problemen führte, »vor allem was die räumliche Kapazität betrifft«, so Timmermann. Drastischer formuliert heißt das, dass Studierende, die im Seminarraum einen Sitzplatz auf dem Boden finden, noch privilegiert sind gegenüber ihren Kommilitonen, die auf dem Flur davor stehen. Stefan Bröhl glaubt, dass das an der zu schnellen Einführung der neuen Studiengänge liegt. »Sie wurden über alle Köpfe hinweg installiert, die Konsequenzen wurden nicht bedacht,«, kritisiert der AStA-Vorsitzende. Für ihn waren überfüllte Seminare absehbar: »Bachelor heißt ja Präsenzstudium. Da sitzen dann hundert Studierende in einem Seminar, das für fünfzig ausgelegt ist«, beschreibt er die Misere. Präsenzstudium heißt, dass Studierende im Regelfall nur zwei Sitzungen verpassen dürfen, sonst gilt die gesamte Veranstaltung als nicht besucht. In den meisten Diplom- und Magiusterstudium ging es nicht um Anwesenheit sondern um Wissenserwerb. Dieter Timmermann sieht hier auch Handlungsbedarf: »So ist z.B. über ein anderes Verhältnis zwischen Präsenz- und Selbststudium nachzudenken«, so der Rektor in seinem Bericht.
Der schließt mit einem Ausblick darauf, was Studierende und Wissenschaftler in den kommenden Jahren der, so Timmermann, »Umbruchphase, in der sich die deutschen Hochschulen in Deutschland augenblicklich befinden« erwartet: »Die Anforderungen der nächsten Jahre werden allerdings sicher nicht geringer werden, und nur, wenn die Universität auf dem Weg einer weiteren Profilierung und Leistungssteigerung nicht nachlässt, kann sie in einer Zeit härter werdender Konkurrenz im Hochschulbereich verhindern, ins Mittelmaß abzugleiten«, kündigt der Rektor an. Die ehemalige Reformuni wird wohl in einigen Jahren nicht mehr wiederzuerkennen sein.