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Im Schatten der Patriarchen (17.12.2003)




Vorführungen mit Wohlfühlfaktor: Das AJZ-Kino




Von Manfred Horn

Es gibt sie noch, die Bielefelder Kinolandschaft. Aber: Sie ist klein und überschaubar geworden. Wer mit A anfängt, muss mit dem AJZ-Kino anfangen. Ein kleiner Saal im selbstverwalteten ArbeiterInnen-Jugend-Zentrum an der Heeperstraße hält dafür seit 1975 her. Das AJZ-Kino ist das einzige Kino mit absolutem Wohlfühlsiegel – allerdings müssen die BesucherInnen selbst rauchen oder zumindest passivem Rauchen nicht abgeneigt sein. Im AJZ-Kino darf nämlich noch nach Herzenslust während der wöchentlichen Vorstellung – so gut wie jeden Sonntag Abend um 20.30 Uhr – gequarzt werden. Vor den leicht aufsteigenden Klappstuhlreihen mit 60 Plätzen steht seit Ewigkeiten eine Sofaecke, auf der nach Herzenslust Mensch und Hund vor, während und manchmal nach dem Kino, herumlümmeln dürfen.

Die technische Ausstattung ist dürftig, Dolby Surround ein echtes Fremdwort. Doch darum geht es im AJZ-Kino wirklich nicht. Das Kino ist billig, 2,50 Euro Eintritt, Getränke und Süßigkeiten auch. Gezeigt wird, was die veranstaltende Kinogruppe begehrt und der Geldbeutel hergibt. Trash, B-Movies und anspruchsvolle Filme ergeben ein abwechslungsreiches Programm. Dabei macht die Kinogruppe alles ehrenamtlich. Ein besonderer Tipp ist die traditionelle Weihnachtsvorstellung am 24.Dezember um 22.30 Uhr. Dieses Jahr gibt es »Was nicht passt, wird passend gemacht«, eine Arbeiterkomödie aus dem Ruhrgebiet, unter anderem mit Dietmar Bär. Der Eintritt ist frei.

Größer und bekannter ist wohl die Kamera. Ein typisches Programmkino, dem langsam das Wasser abgegraben wird. Denn es gibt ein Bestandsschutzabkommen für die Kamera. Die Multiplexe hatten sich dazu verpflichtet. Dieses läuft aber zum 31.12.2003 aus. Die Multiplexe werden dann verstärkt dazu übergehen, selbst typische Programmkinofilme zu zeigen, um ihre leeren Säle zumindest mit 50 ZuschauerInnen zu füllen. Und dies zu günstigeren Preisen als die Kamera. Die Zukunft der Kamera hängt also auch davon ab, ob sich das dauerhaft für die Multiplexe rechnet. Wahrscheinlich, dass die Kamera irgendwann in den nächsten Jahren das nächste Opfer der beispiellosen Konzentrationswelle des Kinogeschehens in Bielefeld wird.

Die Kamera befindet sich in der Feilenstraße, in Sichtkontakt mit dem Cinestar. Neben anspruchsvollen Filmen zeigt die Kamera auch ein Kinderprogramm. Die Filme werden in drei Sälen gezeigt, wobei die zwei kleinen im sechsten Stock doch recht beengt sind. Wer Beinfreiheit sucht, sollte dort nicht hineingehen. Betrieben wird die Kamera vom Ehepaar Heise.

Das Lichtwerk kommt der Kamera vom Publikum her am nächsten. Doch ist das Lichtwerk eine Spur schräger und zeigt auch Filme, die in der Kamera nicht laufen. Besonders sind thematische Blöcke und Spielfilmreihen, bei denen mit Gruppen außerhalb des Lichtwerks kooperiert wird. Spannend sind auch die außergewöhnlichen Kurzfilme, die das Lichtwerk vor jedem Film zeigt. Das Lichtwerk ist dabei in das Filmhaus eingebunden, beides findet sich in der August-Bebel-Str. Der Saal des Lichtwerks ist nicht besonders großzügig und ähnlich wie die zwei Säle in der Kamera nichts für großgewachsene Menschen.