Am vergangenen Donnerstag wurde im Prozess gegen den ehemaligen Polizeipräsidenten Horst Kruse und seine Mitangeklagten Heinz Haubrock und Uwe Gebranzig die Zeugenbefragung des ehemaligen Drogenkommissars Manfred Hudalla fortgesetzt. Dabei ging es um den Anklagepunkt, dass die Polizeiführung Drogenabhängigen vorsätzlich Gelegenheit zu Handel und Konsum illegaler Drogen verschafft habe. Hudalla behauptet, die Angeklagten hätten ihm die Verfolgung von Straftaten in der niedrigschwelligen Kontakt- und Beratungsstelle der Drogenberatung an der Wilhelm-Bertelsmann-Straße untersagt Von Mario A. Sarcletti»Das ist ein Witz, wenn man sagt, man habe mich zum Jagen tragen müssen. Die Wahrheit ist, man hat mich an die Kette legen wollen«, empörte sich Manfred Hudalla am vergangenen Donnerstag in Saal 1 des Bielefelder Landgerichts. Der Hintergrund für die Empörung des ehemaligen Leiters des Drogendezernats der Bielefelder Polizei war der Vorwurf, dass sein Kommissariat vom September 1998 bis Januar des folgenden Jahres rund um die niedrigschwellige Kontakt- und Beratungsstelle der Drogenberatung in der Wilhelm-Bertelsmann-Straße untätig gewesen sei.
Vielmehr sei für ihn nach einer Besprechung mit seinen angeklagten Vorgesetzten Heinz Haubrock und Uwe Gebranzig im September 1998 klar gewesen, dass Kleinhandel auf dem Gelände der Einrichtung nicht verfolgt werden solle. Da diese ihm gesagt hätten, »dass die Staatsanwalt mit im Boot sei«, habe er sich daran gehalten. Zudem sei die liberale Haltung des Polizeipräsidenten allgemein bekannt gewesen, der sich auf Podiumsdiskussionen für eine staatlich kontrollierte Heroinabgabe eingesetzt habe. Aus Angst vor Repressalien seien seine Mitarbeiter auch dann nicht gegen Dealer auf dem Gelände vorgegangen, wenn festgenommene Drogenkonsumenten aussagten, dass sie auf dem Gelände Drogen gekauft hätten.
Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Dieter Fels, ob solche Repressalien angedroht worden seien, gibt Hudalla zu, dass das niemals der Fall gewesen sei. Vielmehr hätten »feine Formulierungen« und Randbemerkungen solche angedeutet. So habe Polizeipräsident Kruse zu einem Antrag des Drogenfahnders für ein Razzia auf dem Gelände angemerkt: »Kann man die [die Dealer, M.A.S.] nicht außerhalb des Geländes abfangen?« Auf die Bemerkung von Richter Fels, dass diese Anmerkung nichts mit Repressalien zu tun habe, entgegnete Hudalla am Donnersatg: »Ich habe das so empfunden.«
Den Razziaantrag im Januar 1999 hatte Hudalla damit begründet, dass nach den dem Kommissariat vorliegenden Erkenntnissen die »Handelstätigkeit auf dem Gelände ein nicht mehr zu vertretendes Ausmaß angenommen« habe. So wie damals Uwe Gebranzig wollte auch Richter Fels wissen, welche Erkenntnisse das gewesen seien. Daraufhin berichtete Hudalla von Vernehmungen von festgenommenen Konsumenten. Diese hätten berichtet, dass sie bei Betreten der Einrichtung in der Wilhelm-Bertelsmann-Straße bis zu zehn Mal von Dealern angesprochen worden seien. Die Protokolle dieser Vernehmungen habe er damals gesammelt. Auf die Frage des Richters, ob diese Sammlung dem Antrag beigelegt worden sei, sagte Hudalla, dass er dies nicht für nötig gehalten habe. »Wenn ich denen sage, dass das so ist, dann gehe ich davon aus, dass die das glauben«, beschrieb er seine Einschätzung. Die steht allerdings im Widerspruch zu seiner Aussage am vergangenen Prozesstag, als er sich darüber beklagte, in Fragen der Kontakt- und Beratungsstelle kein Gehör bei seinen Vorgesetzten gefunden zu haben.
Die lehnten die Razzia aus rechtlichen Gründen ab, da die erforderliche richterliche Genehmigung dafür nicht vorlag. Die Begründung sei Hudalla auch von seinem Vorgesetzten Hetzer, dem Leiter der Abteilung Zentrale Kriminalitätsbekämpfung, mitgeteilt worden, sagte der angeklagte Polizeidirektor Heinz Haubrock. Manfred Hudalla bestritt das, der Antrag sei kommentarlos abgelehnt worden.