Seit zwei Jahren ist ein Lokal am Kesselbrink vor allem dienstags ein Treffpunkt von Rechtsradikalen. Eine Initiative will dem Treiben couragiert entgegentreten. Für den kommenden Dienstag, 25. Februar, ruft das Bündnis »Courage gegen Rechts Bielefeld« zu einer Demonstration aufAnfang des Jahres gründeten verschiedene Antifagruppen und Initiativen gegen Ausgrenzung das Bündnis »Courage gegen Rechts Bielefeld«. Einen Anlass dafür bot die Gaststätte »Der Postmeister« am Kesselbrink. Dort treffen sich seit etwa zwei Jahren dienstags Mitglieder des rechtsextremen Spektrums, von 21 Uhr bis 22 Uhr gibt es für sie Freibier. Das zog im Lauf der Zeit immer mehr Rechtsextreme an, im Moment besuchen dienstags etwa fünfzig von ihnen das Lokal.
Laut Michael Bengt von »Courage gegen Rechts« entspricht das auch der Erfahrung mit solchen Treffpunkten: »Das beginnt immer als kleiner Kristallisationspunkt, an dem sich dann mehr und mehr Neonazis sammeln.« Die dienstäglichen Besucher der Gaststätte sind zum einen Jugendliche aus dem rechtsextremen Umfeld, zum anderen sind es Führungskader der Jungen Nationaldemokraten JN oder der Freien Kameradschaften, wie Bernd Stehmann. »Man kann sich dann vorstellen, dass Jugendliche aus dem Umfeld da Kontakt zu den Leuten aus der Szene bekommen, die sich da als Führer gerieren«, beschreibt Michael Bengt den Sinn eines solchen Kneipenabends und die Gefahr, die von ihm ausgeht.
Die Gefahr zeigte sich schon nach dem Aufmarsch der Neonazis im März vergangenen Jahres gegen die Ausstellung Verbrechen der Wehrmacht. Damals trafen sich Rechte nach der Demonstration in der Gaststätte. »Von da aus sind dann Aktionen, auch gewalttätige, gegen Teilnehmer der Gegendemonstration die noch in der Stadt waren, gelaufen«, erinnert sich Bengt.
Gewalt ging wahrscheinlich auch am 5. November vergangenen Jahres von Besuchern des »Postmeister« aus. Gegenüber des Lokals wurde ein Mann mit Migrationshintergrund von vier Skinheads attackiert und misshandelt. Nach dem Überfall zogen die Täter sich nach Zeugenangaben in den »Postmeister« zurück. Der Vorfall war für den Staatsschutz im Januar Anlass für eine Razzia in dem Lokal. Einen weiteren lieferte auch ein Besucher der Gaststätte, der eine Woche zuvor beobachtet worden war, wie er sie mit geschultertem Baseballschläger verließ.
Die Rechtsradikalen selbst nennen den »Postmeister« Sturmlokal. Der Begriff wurde von den Nationalsozialisten der Weimarer Republik geprägt, vor allem die SA unterhielt solche Lokale. Dort pflegten die Nazis die Kameradschaft, von den Gaststätten gingen aber auch die Angriffe auf missliebige Personen aus. »Ein Sturmlokal diente dazu, bestimmte Regionen in einer Stadt für die Nazis zu erobern«, weiß Michael Bengt. »So eine Funktion hat der Postmeister hier auch.« Solche Sturmlokale gibt bzw. gab es auch in anderen Städten, wie etwa das »Thor« in Dresden. Dort gelang es antifaschistischen Initiativen den Vermieter der Räumlichkeiten durch Demonstrationen und andere Aktionen dazu zu bewegen, den Mitvertrag zu kündigen. Diese Initiativen sind auch ein Vorbild für »Courage gegen Rechts Bielefeld«. »Wir wollen versuchen auf die Stadt, die Polizei, die Kneipenwirtin und den Konzessionsinhaber Druck auszuüben bis die Kneipe dicht ist oder der Kneipier sich entsprechend verhält und sagt: Nazis haben bei mir keinen Zutritt mehr«, beschreibt Michael Bengt die Strategie.
Den Auftakt zur Kampagne gegen das Lokal bildet eine Demonstration am kommenden Dienstag, Treffpunkt ist um 19.30 Uhr der Jahnplatz. Von dort geht es zum »Postmeister«, dort soll es HipHop und Informationen geben. Eine Demonstration gegen das Lokal gab es übrigens schon vor einem Jahr. Damals waren zumindest an dem Dienstag keine Rechtsextremen in der Kneipe: Sie blieb »aus Sicherheitsgründen« geschlossen.