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Flüchtlingsberatung gefährdet



Am 18. Dezember verabschiedet die rot-grüne NRW-Regierung den Haushalt 2003. Bliebe es bei den Entwürfen, fallen für die Flüchtlingsarbeit in NRW fast alle Mittel weg. Betroffen wären auch die Flüchtlinge in Bielefeld.


von Manfred Horn

Zur Zeit werden im Regierungsbezirk Detmold zwölf hauptamtliche, unabhängige BeraterInnen für Flüchtlinge aus Landesmitteln für soziale Beratung und Betreuung von Flüchtlingen finanziert. Eine Beraterin der AWO in Schloß Holte warf kürzlich angesichts der drohenden Sparbeschlüsse bereits das Handtuch. Kommen die Sparvorhaben durch, sind auch drei der vier BeraterInnenstellen in Bielefeld gefährdet. Nach einem Kabinettsentwurf vom 3. Juli 2002 sollen in 2003 von derzeit 2.2 Millionen Euro nur noch 192.000 Euro landesweit übrigbleiben, um Flüchtlinge zu beraten. Flüchtlingsräten soll die Förderung von derzeit 300.000 Euro pro Jahr auf Null gestrichen werden, gleiches gilt für die soziale Betreuung in Abschiebehaft, für die die Landesregierung in 2002 noch 500.000 Euro zur Verfügung stellt.

Einen großen Teil der Flüchtlingsberatung in Bielefeld leistet der Bielefelder Flüchtlingsrat. Er berät Personen, die keine gesichterten Aufenthaltstitel haben: Flüchtlinge mit Duldungsstatus oder Personen mit abgelehntem Asylverfahren. Er organisiert Gruppentreffen, zum Beispiel der Roma oder berät direkt in der ZAB Bielefeld (Zentrale Ausländer Behörde), wo Flüchtlinge sind, die gerade erst in der Bundesrepublik angekommen sind.

Die Beratung in der ZAB-Bielefeld sei sogar noch ausbaubedürftig, betont Barbara Eßer, Mitarbeiterin des Flüchtlingsrats. Zur Zeit ist der Flüchtlingsrat dort einmal in der Woche präsent, um mit den Flüchtlingen zu sprechen. Diese haben gerade die Strapazen der Flucht hinter sich und wissen nicht, was sie erwartet. Zum Beispiel, wie wichtig die Anhörung bei der Aussenstelle des Bundesamtes in Bielefeld ist: Hier haben sie die einzige Möglichkeit, ihre Flucht – aus Sicht der Flüchtlingsbehörde glaubhaft und detailliert – zu schildern. Reichen sie im weiteren Verlauf des Verfahrens Fluchtgründe nach, können diese als »gesteigertes Vorbringen« interpretiert werden – den Flüchtlingen wird dann unterstellt, sie würden ihre Flucht dramatisieren, um einen Aufenthaltstitel zu erhalten.

Die Flüchtlinge werden vom Bundesamt erst kurz vor der Anhörung darauf hingewiesen, dass die Anhörung bedeutsam ist. Da bleibt kaum Zeit, die Erinnerungen zu sortieren und im Kopf vorzuformulieren. »Manche Flüchtlinge sind psychisch so durch den Wind, dass es hilfreich wäre, wenn jemand vom Flüchtlingsrat mit in die Anhörung ginge«, fügt Barbara Eßer hinzu. Hinzukommt, dass viele Frauen gar nicht in der Lage sind zu reden, wenn sie einen männlichen Entscheider vor sich sitzen haben. Sie könnten zwar eine weibliche Beamtin verlangen, doch dazu müssten die Frauen erst einmal wissen, dass dieses möglich ist. Als problematisch schätzt Barbara Eßer auch ein, dass bereits 16-Jährige als »asylvolljährig« betrachtet und alleine in die Anhörungen gesetzt werden. Nach der Anhörung erhalten die Flüchtlinge schriftlich die Ergebnisse – allerdings in deutscher Sprache. »Alle Bescheide sind in deutscher Sprache, die Flüchtlinge können sie ohne Hilfe nicht lesen«, berichtet Eßer. In der Summe sieht Eßer einen großen Beratungsbedarf, der bisher nur zu einem Teil abgedeckt werden könne.