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Im Mai schlagen nicht nur die Bäume aus (Teil 2)



Von der Lockerung des Kündigungsschutzes wären somit vor allem Frauen betroffen; den von der rot-grünen Bundesregierung verbesserten Mutterschutz beispielsweise könne man dann »vergessen«. Auch dürfe das präventive Gesundheits-Verhalten der Frauen, das sie deutlich von dem der Männer unterscheide, nicht durch die Einführung von Praxisgebühren bestraft werden, wie sie in der Gesundheitsreform zur Zeit angedacht sind.

Es folgte die Rede von Klaus Zwickel, Vorsitzender der IG-Metall. Nachdem er der Haltung der Bundesregierung zum Irak-Krieg zustimmte, nahm er scharf gegen die Reform-Pläne der Bundesregierung Stellung. Der von Bundeskanzler Schröder in seiner Regierungserklärung vom 14. März propagierte Aufschwung bedeute zunächst einen Schritt zurück: Arbeitnehmer, Arbeitslose und Rentner müssten den Gürtel enger schnallen. Die Besitzenden hingegen würden von der Bundesregierung geschont. »Der politische Kompromiss zwischen Regierung und Opposition wird fas ausschließlich auf dem Rücken der Arbeitnehmer, Arbeitslosen und Rentner gesucht«, sagte Zwickel. Die Solidarität mit den sozial Schwachen sei ein tolles Bekenntnis, in der Praxis aber nicht mehr spürbar. Nur Gewerkschaften und Kirchen würden sich gegenwärtig noch gegen den individualisierenden Zeitgeist stellen. Komme die »Agenda 2010« so durch, würden Arbeitslose in schlechte Arbeitsverhältnisse gedrückt, die sie zu kollektiv ungeschützten Arbeitssklaven machen würden.

Besonders ging Zwickel auf die geplante Gesundheitsreform ein. Es sei nicht akzeptabel, das Krankengeld ab der 7. Woche aus der paritätischen, also von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam getragenen, Finanzierung rauszunehmen. »Einer unionsgeführten Bundesregierung hätte ich dies zugetraut, der SPD nicht«. Da gebe es mit den Gewerkschaften keinen Kompromiss. Würde dies Gesetz, würde es nicht lange dauern, bis die Arbeitgeber fordern würden, auch aus der Finanzierung der ersten 6. Wochen auszusteigen, prognostizierte Zwickel. Auch die Reduzierung des Anspruchszeitraums – ebenfalls ein Baustein der »Agenda 2010« – des Arbeitslosengeldes lehnte Zwickel ab. Durch die Absenkung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau würde den »Nichtschwimmern der Rettungsring entzogen«. Die Absenkung sei eine »kollektive Bestrafung und blanker Zynismus«. Würden sie noch weniger Unterstützung erhalten, dann wären Arbeitslosenhilfe-Empfänger gezwungen, jede Form von Ausbeutung zu akzeptieren, also jeden noch so schlechten Job anzunehmen.





Jetzt gehts los?


Kommentar von Manfred Horn


Kämpferisch gaben sich die Gewerkschaften zum 1. Mai in Bielefeld. Nun haben sie sich also doch entschieden, nach Wochen der Unentschlossenheit: Sie beziehen ablehnend Stellung zu den Reformplänen der Bundesregierung. Unangenehm, handelt es sich doch häufig um Genossen mit gleichem SPD-Parteibuch. Aber offensichtlich ist der Druck der gewerkschaftlichen Basis groß genug, die Funktionäre in die Bütt zu treiben. Bricht aber der SPD die gewerkschaftliche Unterstützung für ihre Reformen weg, wird es schwierig für sie. Schon bei den Hartz-Reformen gab es heftige Kontroversen innerhalb der Gewerkschaften zwischen Befürwortern und Gegnern, jetzt aber geht die Post richtig ab.