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Im Mai schlagen nicht nur die Bäume aus (07.05.2003)




Rainer Wend und Klaus Zwickel in der ersten Reihe: Die Spitze der Bewegung im Widerspruch



2000 Mai-Bewegte sammelten sich im Raspi-Park und erlebten, wie sich die Gewerkschaften gegen die »Agenda 2010« genannten Reformpläne der Bundesregierung richten. Nur Rainer Wend hielt tapfer dagegen




Von Manfred Horn

»Die Zeit der Völker ist angebrochen. Gegen die männlichen Erfindungen Krieg, Armee und Staat wird für eine schönere Zukunft der heutigen Welt die Hand der Frau benötigt«, hieß es auf einem Flugblatt der »Partei der Freien Frau«. 1. Mai-Demonstrationen haben es an sich, zahlreiche linke Splitterparteien und Gruppen anzuziehen, die ihre Chance für politische Agitation der Massen gekommen sehen. Doch mit der Masse ist es bekanntlich nicht weit her. 1.500 Mai-Bewegte zogen pünktlich im 10.30 Uhr vom DGB-Gebäude in der Marktstraße zum Ravensberger Park. Einige hundert Mai-Bewusste kamen dort noch hinzu, sie hatten sich die Demonstration gespart. Im Ravensberger Park warteten Stände von Einzelgewerkschaften, Attac, des Vereins »Gegen Vergessen – Für Demokratie«, multikulturelle Fressbuden und Hüpfburg für die Kinder. Und nicht zu vergessen die offizielle Bühne des DGB.

Begrüßt wurden die Anwesenden durch Roland Engels, DGB-Vorsitzender des Bezirks. Er gab gleich die Richtung vor: Reformen ja, Sozialabbau nein danke. Dieses Jahr sei die Nagelprobe, ob diese Gesellschaft den Weg eines sozialen Rechtsstaats weitergehen wolle oder nicht. Auch der DGB kommt um eine Positionierung zu den Reformplänen der Bundesregierung, die sogenannte »Agenda 2010«, nicht herum. Engels machte die Haltung zu den Reformplänen vor allem von der Ausbildungsfrage abhängig: Die fehlenden Lehrstellen müssten zusammenbekommen werden. Engels gab zu bedenken, wer heute nicht ausbilde, rufe in drei Jahren nach der Greencard. Der DGB sei nicht bereit, Druck auf die sozial Schwachen auszuüben: »Wenn Widerstand geboten ist, dann werden wir Widerstand leisten können«.

Nach der nicht sonderlich kämpferischen, aber immerhin Positionen andeutenden Rede von Engl sprach Rainer Wend, SPD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Bielefelder Rats. Zunächst wandte er sich gegen einen Ausverkauf städtischen Eigentums wie Stadtwerke, BGW, Städtische Kliniken und Umweltbetrieb, wie er zur Zeit in Bielefeld von Teilen des Rats erwogen wird. Anschließend bekannte sich zur »Agenda 2010«, an dessen Konzeptionierung er selbst mitgearbeitet hat. Die sozialen Sicherungssysteme seien dringend sanierungsbedürftig. Ergänzend sprach er sich für die Vermögenssteuer und die Anhebung der Grundsteuer aus, parallel dazu will Wend die Lohnnebenkosten senken. Wend musste gegen wütende Prosteste ansprechen – »Nie wieder SPD« – zahlreiche Anwesende waren erbost über den ihrer Ansicht nach von der SPD betriebenen massiven Sozialabbau und den Verrat von Wahlkampfversprechungen.

Sissi Banos von der IG Metall ging ebenfalls auf die »Agenda 2010« ein, nachdem sie auf die nach wie vor existierende Ungleichheit der Geschlechter im Beruf verwiesen hatte. Frauen seien in Führungspositionen unterrepräsentiert, Frauen erhielten für gleiche Tätigkeiten nach wie vor weniger Lohn. Die in der »Agenda 2010« vorgesehene Aufweichung des Kündigungsschutzes für Kleinbetriebe treffe vor allem Arbeitnehmerinnen, da Frauen eher in Kleinbetrieben arbeiten würden.




Immer mit dabei: Migrantenorganisationen wie DIDF mit eigenen Forderungen zum 1. Mai