Webwecker Bielefeld: drogenpolitik02

Sackgasse Repression (Teil 2)



Doch statt in diese Richtung zu gehen, werde an anderen Stellen die Situation der DrogenkonsumentInnen sogar noch verschlechtert. Unter dem Einfluss von Ronald Schill baute die Landesregierung in Hamburg bereits im vergangenen Jahr Spritzenkästen in Hamburger Knästen wieder ab, Niedersachsens neue christdemokratische Landesregierung folgte in diesem Jahr nach dem Regierungswechsel. Dabei sind verunreinigte Spritzen Ursache für Hepatitis-C und AIDS-Erkrankungen. »Eine Hepatitis-C Behandlung kostet den Staat 50.000 Euro. Hier werden Kosten abgewälzt. Letztlich kostet die Prohibition wahnsinniges Geld«, sagt Olaf Plappert von JES.

Lösungen könnte eine durchgreifende Reform des Betäubungsmittelgesetzes (Btmg) bringen. Doch die Bundesregierung scheint derzeit nicht gewillt, an dieses Thema heranzugehen. Als zu hoch wird der Widerstand in der Bevölkerung eingeschätzt, zu wenig Popularitätspunkte lassen sich damit einheimsen. Das Btmg bedroht nicht nur KonsumentInnen ständig mit Repression, auch die MitarbeiterInnen von Hilfeeinrichtungen stehen ständig mit einem Bein im Gefängnis. §29 Btmg stellt in Absatz 10 diejenige Person unter Strafe, die »eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch, Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln öffentlich oder eigennützig mitteilt, eine solche Gelegenheit einem anderen verschafft oder gewährt oder ihn zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet«. Eine interpretationsfähige Aussage, die bereits für eine vorübergehende Kriminalisierung von MitarbeiterInnen der Drogenberatung Bielefeld sorgte, weil die Ordnungspartnerschaft zwischen Staatsanwaltschaft, Polizei und Drogenhilfe versagte. »Die Bielefelder Staatsanwaltschaft interpretiert hier anders als beispielsweise die Staatsanwaltschaft in Hannover«, sagt Griesmeier. Anders gesagt: Was in Hannoveraner Drogeneinrichtungen akzeptiert wird, gilt für Bielefeld noch lange nicht. »Der §29 muss verändert werden«, fordert Griesmeier.

Auch die erneuerte Ordnungspartnerschaft in Bielefeld erstreckte sich nur auf den Drogenkonsumraum und nicht auf die Gesamteinrichtung in der Borsigstraße. Der Kriminalisierungsteufel steckt dabei im vermeintlichen Datei. Müssen die Toiletten ein Sichtfenster haben? In Bielefeld ja, entgegen der Würde jedes Menschen. Schließlich könnten auf den Toiletten ja Drogen konsumiert werden. In anderen Städten sind die Türen noch wirkliche, undurchsichtige Türen. In Dortmund hat man den unteren Türbereich abgesägt, um sehen zu können, ob jemand auf der Toilette ob einer Überdosis zu Boden geht und entsprechende Hilfsmaßnamen einleiten zu können. Die Drogenberatung in Bielefeld hat sich lange Zeit gegen die Sichtfenster im Toilettenbereich gewehrt – ohne Erfolg. Um sich selbst und die KollegInnen rechtlich zu schützen, sei die verschärfte Kontrolle auf dem ganzen Gelände notwendig, sagt Griesmeier.