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Ausgezeichnete Datenkraken (29.10.2003)



Jury Big Brother Awards
Im Namen des Datenschutzes: Die Jury des Big-Brother-Awards von links nach rechts: Thilo Weichert ,Rena Tangens (FoeBuD), Fredrik Roggang, padeluun (FoeBuD), Werner Hülsmann, Lutz Donnerhacke, Frank Rosengart, Rolf Gössner





























Am vergangenen Freitag wurden in der Ravensberger Spinnerei die deutschen Big Brother Awards 2003 verliehen. Die meisten Gewinner dementierten, dass sie den Negativpreis für Datenkraken verdient haben, einige reagierten gar nicht.



Von Mario A. Sarcletti

»Sie müssen uns glauben: Wir nehmen Datenschutz im Konzern sehr, sehr ernst. Aber wir können die Daten nur schützen, wenn wir sie haben«, sagt der Redner und das Publikum im vollen Murnausaal bricht in Gelächter aus. Er spricht für den Preisträger T-online, allerdings ist er kein Vertreter des rosaroten Riesen. Da keiner der Preisträger der diesjährigen Big Brother Awards die »Ehrung« für Datenkraken abholen wollte, musste padeluun, Mitinitiator des Preises, in die Rolle der Ausgezeichneten in sieben Kategorien schlüpfen. Zum vierten Mal wurde der Preis in Deutschland verliehen, die Awards gibt es inzwischen in vierzehn europäischen ändern, außerdem werden die Preise für Behörden und Unternehmen in Australien, den USA und Kanada sowie in Japan verliehen.

Auch wenn die Verleihung jedes Jahr eine unterhaltsame Veranstaltung mit Musik und Sektempfang ist, geht es bei den Awards um ein ernstes Thema: Den Eingriff in Datenschutz und Bürgerrechte. In diesem Jahr stand wie bei T-online der Bereich »Telekommunikation« im Mittelpunkt. So wurde der Marktführer unter den Internetprovidern dafür ausgezeichnet, dass dort IP-Adressen, also die Zahlenkombination, die einem Computer bei der Einwahl ins Internet zugewiesen wird, achtzig Tage lang gespeichert wird.

Das Unternehmen begründet die Langzeitspeicherung mit Beschwerden gegen die Abrechnung. »Bei mehr als drei Millionen T-DSL Kunden kommt es immer wieder zu Rechnungsanfragen über die erbrachten Leistungen«, teilt dazu die Konzernzentrale mit. Allerdings wird der flat-rate-Tarif nutzungsunabhängig erhoben. Dass die Speicherung der IP-Adressen auch dazu dient, Störungen nachgehen zu können, rechtfertigt nach Meinung von Laudator Lutz Donnerhake die 80-tägige Speicherung nicht.

Auch in der Kategorie Politik sind es vor allem Eingriffe in das vom Grundgesetz geschützte Telekommunikationsgeheimnis - das der ehemalige Bundesverfassungsrichter Jürgen Kühling im Grundrechtereport 2003 als »Totalverlust« bezeichnet -, die den Bundesländern Thüringen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Niedersachsen den BBA einbringen. In Thüringen bereits beschlossen, in den anderen Bundesländern geplant ist die präventive Telefonüberwachung und die Standortfeststellung per Mobiltelefon bei Personen, denen zukünftig Straftaten zugetraut werden.

Thüringen hat außerdem den präventiven großen Lausch- und Spähangriff bereits legalisiert, Rheinland-Pfalz will bald nachziehen. Bei einer Maßnahme ist Bayern der größte der großen Brüder: An den Landesgrenzen, Flughäfen und anderen so genannten gefährdeten Orten werden die Kennzeichen von Fahrzeugen automatisch erfasst und mit Polizeidatenbanken abgeglichen. So sollen unter anderem vor Demonstrationen »bekannte Störer« herausgefiltert werden.