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»Offene Ganztagsgrundschule führt nicht zu Entlassungen« (Teil 2)



Die Offene Ganztags-Grundschule wird in Zusammenhang mit der PISA-Studie gestellt. Ein großer Teil des Nachmittags aber wird für Essen und Hausaufgabenbetreuung gebraucht. Liegt da der Gewinn nicht eher darin, dass die Kinder garantiert eine warme Mahlzeit bekommen und die Hausaufgaben machen?

Die Offene Ganztagsgrundschule ist nicht die Antwort auf PISA. Aber sie bietet Raum und Zeit zur Förderung. Denn gerade PISA hat uns gezeigt, dass vor allem Kinder aus sozial schwachem Milieu in deutschen Schulen Schwierigkeiten haben. Das liegt nicht nur an unseren Schulen, sondern auch daran, dass diese Kinder außerhalb der Schule leider nicht immer ein Umfeld haben, in dem sie gefördert werden. Deshalb sind die Hausaufgabenhilfe und Förderkurse wichtige Bestandteile der offenen Ganztagsgrundschule. Denn genau hier können Kinder individuell gefördert werden, indem auf ihre Fragen und Bedürfnisse eingegangen wird. Eine Hausaufgabenhilfe in der offenen Ganztagsgrundschule führt zu besseren Leistungen und - auf der Basis eines gemeinsamen Konzepts - zu einem besseren Austausch zwischen den Lehrkräften und denjenigen, die die Hausaufgabenhilfe anbieten. Das hat auch unmittelbare Folgen für die Qualität des Unterrichts. Selbstverständlich gehören das Mittagessen und andere Angebote aus Kultur und Sport ebenso dazu. Kinder können und sollen die Angebote wählen können, die sie brauchen. Nur so ist individuelle Förderung möglich.


Die Teilnahme am Nachmittagsangebot ist freiwillig. Nicht alle Schüler müssen teilnehmen, zur Zeit könnten sie es wegen mangelnder Kapazitäten auch noch gar nicht. Wäre es nicht sinnvoller, alle Kinder einer Schule würden teilnehmen? Erst dann würde sich die Möglichkeit ergeben, den Unterricht über den ganzen Tag zu rhythmisieren.

Rhythmisierung ist auch mit Ganztagszügen und altersgemischten Gruppen möglich. Von einem Ganztagsangebot können auch die Kinder profitieren, die noch nicht daran teilnehmen. Großzügige Intervalle zwischen Unterricht und außerunterrichtlichen Angeboten mit Zeit für Bewegung, Besprechungen und Beratung, eine bessere Verteilung von konzentrierter Arbeit und Entspannung - davon profitieren letztlich alle in der Schule, und so steigt mit der Zeit auch die Zahl der Kinder, die sich am Ganztag beteiligen wollen. Zwangsteilnahme wäre mit Sicherheit der falsche Weg. Ganztag hat in Deutschland noch keine Tradition. Wir müssen den Eltern Zeit lassen . Letztendlich wird die Qualität überzeugen.


Ein möglicher Problempunkt beim Konzept der Offenen Ganztagsgrundschule ist die Kooperation von außerschulischer Kinder- und Jugendarbeit und den Schulen. So haben beispielsweise die Mitarbeiterinnen von Kinderhorten Angst, ab 2007 ohne Job dazustehen oder aber dann in Grundschulen zu anderen Bedingungen beschäftigt zu sein: Mit geringerem Lohn und einer unteren Position in der Schulhierachie. Sehen Sie da Lösungsmöglichkeiten?

Diese Angst kann ich ihnen nehmen. Die Zusammenführung der bestehenden Ganztagsangebote einschließlich der Horte in der offenen Ganztagsgrundschule führt nicht zu Entlassungen. Erzieherinnen und Erzieher werden wichtige Aufgaben in der offenen Ganztagsgrundschule. übernehmen. Ohne ihr Engagement ist die Umsetzung des Konzeptes offene Ganztagsgrundschule, in der auch Raum für Spiel, Kreativität und Freundschaft ist, nicht denkbar. Deshalb sieht das Schulmitwirkungsgesetz auch besondere Formen der Mitwirkung des nicht lehrenden Personals vor. In Kooperationsvereinbarungen zwischen Schule und Jugendhilfeträger muss selbstverständlich geregelt werden, dass die Zusammenarbeit aller pädagogischen Fachkräfte auf gleicher Augenhöhe geschieht. Im übrigen liegt eine große Chance darin, dass die verschiedenen Professionen partnerschaftlich zusammenarbeiten.