Auch schon lange geplant hatte das Friedensnetzwerk, sich am Samstag nach Kriegsbeginn um 11 Uhr wieder auf dem Jahnplatz zu versammeln. Die Friedensbewegten mussten allerdings auf den Rathausplaz ausweichen, da auf dem Jahnplatz der erste europäische Tag des Kriminalitätsopfers begangen wurde. Vom Rathaus aus zogen die Demonstranten in einem langen Zug durch die Stadt. In der Bahnhofstraße wurde die Größe der Demonstration offensichtlich. Während die Spitze des Zuges bereits auf die Feilenstraße einbog, waren die letzten Teilnehmer noch in der Stresemannstraße.
Die Organisatoren hatten eine Route gewählt, die an einigen symbolischen Gebäuden vorbeiführten: Amerikahaus, Welthaus und das Islamische Zentrum in der August-Bebel-Straße. Dort hielten die sonst lauten Demonstranten einige Minuten still an, während Samir Elias vom islamischen Znetrum auf Arabisch und Deutsch ein Friedensgebet sprach. Gegenüber dem Campusradio Hertz 87,9 sagte Elias, dass er sich freue, wie sich nicht nur in Deutschland die Menschen den Gefühlen des irakischen Volks und der Muslime insgesamt anschließen würden. »Es geht hier um Werte der Menschheit, über die sich alle einig sind, nämlich um Frieden«, so Elias. Die Bombenangriffe auf den Irak hätten die schrecklichen Attentate von New York übertroffen.
Nach einem kurzen Zwischenstopp auf dem Jahnplatz traf die Demonstration kurz nach 13 Uhr wieder auf dem Rathausplatz ein. Vom Balkon des alten Rathauses hing ein riesiges Transparent. Die Forderungen auf den etwa 40 Quadratmetern Tuch gingen über ein bloßes »Nein zum Krieg« hinaus: »Trotz aller friedlichen Worte: Deutsche SoldatInnen und deutsche Waffen morden mit. Stoppt den Krieg! Militarisierung und Ausgrenzung hier und überall bekämpfen«, war zu lesen.
Auch Winfried Engel vom Bielefelder Friedensnetzwerk kritisierte in seiner Rede auf der Abschlusskundgebung die Bundesregierung. »Bundeskanzler Schröder hat der Koalition der Kriegswilligen Zusagen gemacht, die sich in keiner Weise mit dem Kanzlereid vereinbaren lassen. Ziehen sie ihre Zusagen zurück, sie widersprechen unserer Verfasung«, forderte er. Engel, von Beruf Lehrer, sprach auch von der Notwendigkeit, Schülern noch mehr beizubringen, als die PISA-Studie verlange. »Wir müssen ihnen beibringen, dass die Bush-Administration und ihre Lakaien Lügner sind«, rief er aus. Bush verglich er mit Ludwig XIV., von dem der Ausspruch stammt, »Letat Cest moi«, der Staat bin ich. Engel wies aber darauf hin, dass die Demonstration keine antiamerikanische Veranstaltung sei. Auch solidarisiere man sich keineswegs mit Saddam Hussein, sondern mit der irakischen Bevölkerung.
Engel kündigte an, dass die Proteste weitergehen werden. »Wir werden Sand im Getriebe der Kriegsmaschine sein«, versprach er. »Wir blockieren Militäreinrichtungen, wir legen die Arbeit in den Betrieben nieder«, kündigte er an. Soldaten forderte er auf, den Befehl zu verweigern oder, wenn nötig, zu desertieren.