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Lenka Reinerová, »Alle Farben der Sonne und der Nacht« (Teil 2)



Lenka Reinerová erinnert mitunter anekdotenhaft, einzelne Erlebnisse oder Episoden ihres Lebens. Und immer wieder schöpft sie Mut aus ihren Erinnerungen an die Farben der Sonne, sei es die Erfahrung der Solidarität der Häftlinge untereinander im Lager in Frankreich, das Leben im Exil in Mexiko oder der einfache Wunsch, ihre eigene Familie, Mann und Tochter wiederzusehen. Stärkend ist auch die kurze Erfahrung der Zusammenlegung mit einer ihr unbekannten Gefangenen: Beide Frauen finden schnell Vertrauen zueinander und schaffen trotz der Zwangsgemeinschaft auf engstem Raum sich gegenseitig zu respektieren, aufzufangen und aufzubauen. Auch der Gefängniswärter, der am 1.Mai die sonst üblichen zwei Scheiben trockenen Brotes mit Marmelade bestrichen zum Frühstück reicht, bringt einige Sonnenstrahlen in den düsteren Knast.

Dennoch: »Paris, Rieucros, Oued-Zem waren trotz allem, trotz aller Schrecken und Gefahren Erlebnisse,« die unverständliche Festnahme durch die eigene Partei, die GenossInnen ist schockierend, bleibt uneinschätzbar. Als Lenka Reinerova´ nach 15 monatiger Haft plötzlich aus ihrer Zelle geholt wird, ihren Entlassungsschein unterschreiben muss, glaubt sie an ihr Ende und verliert fast die Hoffnung. Doch mit den vermeintlich erklärenden Worten „Stalin ist tot“, wird sie nach einer Autofahrt mit etwas Kleingeld irgendwo im Grünen freigelassen. Lenka Reinerová darf nicht mehr publizieren und wird aus der Partei ausgeschlossen. Erst 1964 wird sie rehabilitiert.

Lenka Reinervá erzählt sehr persönlich und scheint einen fast unerschütterlichen Optimismus zu besitzen. Statt trockener politischer Analyse oder wehleidiger Anklage bietet sie Offenheit und Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen. Besonders anschaulich und eindrücklich, ihre Überlebensstrategien während der Haft. (rk)

Lenka Reinerová, »Alle Farben der Sonne und der Nacht«, Aufbau-Verlag, Berlin 2003, 190 S., 15 Euro

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