Webwecker Bielefeld: luther

Reformation am Weltspartag



Von Harald Manninga

Es wird sicher Gründe dafür geben, dass man einen Film über Martin Luther am Weltspartag in die Kinos schickt statt am drauf folgenden Reformationstag. Das kann nicht allein an dem Argument liegen, dass man eben schon immer Filme an Donnerstagen anlaufen lässt und nicht an Freitagen. Es werden dauernd Filme an anderen Tagen gestartet, neulich erst »Der Fluch der Karibik« an einem Dienstag, »Matrix Revolutions« kommt am 5.11., also Mittwoch, und von Previews und sowas reden wir mal gar nicht erst. Warum also »Luther« nicht am Freitag?

Wahrscheinlich ist das zeichenhaft zu verstehen: Der HErr selbst wollte uns damit was sagen. »Das Geld und die Zeit sollt ihr euch sparen!« wollte Er sagen. Und Er hat durchaus Recht mit Seiner Warnung. (Überhaupt sollte man ja ruhig öfter auf Ihn und Seine Zeichen Acht geben, aber das ist wohl ein anderes Thema.)

An diesem Film stimmen grad mal die meisten historischen Dinge und der größte Teil der Bauten. Der Rest ist ein Sammelsurium aus der Kiste mit »Fakten«, die jeder Pastor für den Konfirmandenunterricht unterm Schreibtisch stehen hat, aneinandergereiht zu einer hektischen Abfolge von Schlaglichtern. Keine Einzelheit oder Figur – und von beidem gibt es viele, viele, viel zu viele – hat Zeit, dass sie sich entwickeln könnte, um auch nur in Ansätzen für jemanden verständlich zu werden, der nicht sowieso ziemlich genau weiß, worums geht. Wers aber eh weiß, der braucht diesen Film nicht, und wers nicht weiß wirds hier nicht lernen.

Das geht schon damit los, dass die eine Szene aus Luthers Leben, an die sich nun aber auch wirklich jeder aus dem eigenen Konfirmandenunterricht erinnern dürfte, weil sie so schön drastisch ist, schlicht fehlt. Nämlich die, in der er mit dem Tintenfass nach dem Teufel wirft. Was nicht darauf zurückzuführen sein wird, dass irgendwelche historischen Berater die Drehbuchschreiber auf die Zweifelswürdigkeit dieser Szene hingewiesen haben, denn es wird auch sonst hie und da mit den »historischen Fakten« recht lässig umgegangen. Diese besagten Berater haben nämlich sicher auch gewusst und darauf hingewiesen, dass sich Luther und sein kurfürstlicher Beschützer Friedrich der Weise von Sachsen nie getroffen haben. Wenn sie sich im Film dann doch treffen, wird das sicher irgendwelche dramaturgischen Gründe haben, die aber das süße Geheimnis des Regisseurs bleiben.

Und der drastisch-volkstümliche Luther, der seine Tischgäste zum Rülpsen und Furzen auffordert, kommt auch nur am Rande vor, nämlich ohne Tischgesellschaft, dafür aber beim unermüdlichen Bibelübersetzen auf der Wartburg: »Brei bekommt meinem Bauch nicht« sagt er. Was anderes gibts aber den ganzen Film über nicht zu essen. Kein Wunder, dass der Filmluther (übrigens gespielt von Joseph Fiennes, den manche vielleicht noch aus »Shakespeare in Love« kennen) so dürre ist, ganz im Gegensatz zu seinem historischen Vorbild.

Dafür sieht man aber so gut wie alles, was ansonsten an Gemeinplätzen über Luther bekannt und in den Köpfen ist, und zwar Schlag auf Schlag. Zack: Kloster! Zack: Theologiestudium! Zack: Theologieprofessor! Zack: Romreise! Zack: Thesenanschlag! Zack: Buchdruck! Zack: Bauernkriege! Zack: Wormser Reichstag! Zack-Zack-Zack-Zack...

Wenn der Film wenigstens schöne Bilder zu bieten hätte! Nachdem es schon keine nachvollziehbare Handlung gibt, sollte man zumindest das vielleicht erwarten können. Aber Fehlanzeige, alles sieht ungefähr gleich aus, und wenn doch einmal z.B. mit dem Licht eine Art Effekt erzielt werden soll, ist es entweder zu dunkel oder zu hell. Alles andere, was ein Regisseur und ein Kameramensch so an »Mitteln« zur Verfügung haben, wollte man anscheinend gar nicht erst versuchen.