Kritik an Cross-Border-Leasing (Interview Rügemer; 17.09.2003)
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Werner Rügemer (r.) sieht viele Risiken bei Cross-Border-Leasing
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In Bielefeld hat im Juli eine deutliche Ratsmehrheit für einen Prüfauftrag votiert. Die Verwaltung soll prüfen, ob das Schienennetz und die dazugehörige Infrastruktur cross-border-verleast werden soll (WebWecker berichtete).
Der Publizist und Journalist Werner Rügemer lebt in Köln und ist bundesweit einer der profundesten Kritiker des Cross-Boder-Leasing (CBL). Interview: Manfred HornWebWecker:
Die Befürworter sagen, CBL hatte ein geringes und überschaubares Risiko, der Bund der Steuerzahler hat Bedenken, ist aber nicht grundsätzlich gegen CBL-Geschäfte. Wie schätzen Sie das Risiko ein?Rügemer: Es gibt verschiedene Risiken. Zunächst ist die Einführung der Quellensteuer in den USA zu nennen. Die müsste der deutsche Vertragspartner übernehmen. Sie soll ja durch die »Schuldübernahmebanken« umgangen werden. Ob die US-Finanzämter diesen Trick auf Dauer hinnehmen, ist fraglich, dafür müsste kein Gesetz geändert werden. Dieses Risiko ist nicht zu beherrschen. Wird die Steuer in den USA erhoben, muss die Stadt Bielefeld sie dem US-Investor erstatten.
Das lässt sich vertraglich nicht ausschließen?In allen Verträgen, die bisher abgeschlossen wurden, gibt es nur diese einseitige Vertragsregelung. Darauf besteht der sogenannte Investor, der wiederum seinen Anlegern verpflichtet ist.
Was sind die weiteren Risiken?Die Stadt überlässt die Transaktionssumme den Schuldübernahme- und Depotbanken, die damit die Leasingraten und den Rückkaufpreis bezahlen. Zahlen sie nicht oder gehen pleite, bleibt die Stadt zahlungspflichtig. Ein weiteres Risiko hat mit dem Betreiben der Anlage zu tun. Es gibt die elementare Verpflichtung, den Wert der Analge über die ganze Laufzeit zu erhalten. Das heißt, es besteht dann keine Möglichkeit, etwa einen gesunkenen Bedarf an einem Schienennetz zu entsprechen oder auch, eine neue Technologie im Nahverkehr einzuführen, die sich wesentlich unterscheiden würde.