Webwecker Bielefeld: skandal02

Skandal: Erwerbsloser erhält Geld vom Staat!!! (Teil 2)



Die Kabinettspolitik Ludwig des XIV war nicht öffentlich, genauso, wie die G-8 Staaten heute hinter verschlossenen Türen verhandeln: Aus Sicht der Aufklärung nicht nur unvernünftig, sondern auch unsittlich. Gegen diese dunklen Zustände gibt es seit der Aufklärung diejenigen, die die Mauer zwischen Öffentlichem und Privatem angreifen. Historisch zum Beispiel diejenigen, die am Vorabend der französischen Revolution den König Ludwig den XVIII in pornographischen Situationen mit Geliebten zeigen, um die Unsittlichkeit des Adels zu plakatieren. Imhof verwies an dieser Stelle amüsiert darauf, dass es sich dabei einen Treppenwitz der Geschichte handele: Anderen Quellen zu Folge wusste sich Ludwig der XVIII gar nicht sexuell zu reproduzieren, da er nicht aufgeklärt wurde. Dennoch funktionierte die systematische Diskreditierung der herrschenden Elite damals. Die Revolution war demzufolge vor allem ein Kommunikationsereignis.

Skandal ist auch in der Gegenwart ein starkes Wort, es betont die Einzigartigkeit der Regelverletzung. Und das, obwohl das 20. Jahrhundert ein inflationäres Anschwellen von medialen Skandalen erlebt hat. Die von Imhof so genannte »Empörungsbewirtschaftung« ging dabei Hand in Hand mit dem Phänomen, dass das Intime, Private immer bedeutungsvoller wurde. Selbst im Wirtschaftsteil einer Zeitung stehen Meldungen zum Privatleben von Unternehmensmanagern. Niemand, der prominent ist, kann sich dem öffentlichen Zur-Schau-stellen oder bewussten Spekulieren über sein Privates noch entziehen. Ein neues Phänomen, das auch in Deutschland zunehmend um sich greift, ist die Skandalisierung der Wirtschaftseliten. Waren in den vergangenen Jahrzehnten vor allem die politischen Eliten dran, startet jetzt die Abzockerdebatte. In England gibt es zur Zeit fette Schlagzeilen darüber, welcher Manager ein Unternehmen gegen die Wand gefahren hat und gleichzeitig noch Millionen Pfund Abfindung kassierte. Dies wird gegenwärtig zunehmend als Skandal empfunden, sagt Imhof.

Betroffen von Skandalen sind vor allem Prominente. Manche neigen gar zur Selbstskandalisierung, um in den Schlagzeilen zu bleiben. Dieter Bohlen und Co sind geübt darin, die Boulevard-Presse mit Enthüllungen zu bedienen. Und: Häufig funktioniert es nach wie vor über die Sexualitätsschiene. Ein Seitensprung ist auch im 21. Jahrhundert noch ein Skandal. Und das, obwohl spätestens seit 1968 die Gesellschaft als aufgeklärt gelten könnte. Imhof erklärt das so, dass die private Kommunikation verklemmter sei als die öffentliche. Promiskuität sei eben auch heute alles andere als selbstverständlich. Im Gegenteil: In der jüngeren Vergangenheit habe es ein »Roll-Back« alter Werte gegeben.

Skandal hat für Imhof viel mit Klatsch zu tun. Klatsch funktioniert nicht über Medien, sondern in der direkten Kommunikation unter Menschen im Freundeskreis, in der Schule, am Arbeitsplatz. Klatsch werde häufig negativ gesehen. Imhof hingegen schlug wollte Klatsch auch positiv sehen: Er habe eine zentrale Bedeutung im sozialen Leben. Wer Regeln und Normen verlasse, begebe sich in die Gefahr, »beklatscht« zu werden. Klatsch diene dabei der sozialen Kontrolle, sei für die konfrontationsfreie Abwicklung von Feindseligkeit brauchbar. Imhof sprach von einer »modernen Variante zur Lösung von Affektstau« und behauptete, Klatsch reduzierte die Gewalt- und Mordrate erheblich. Wer klatsche, könne den, über den er gerade geklatscht habe, anschließend freundlich grüßen. Weil er eben Luft rausgelassen habe.