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Pro und Contra »Offene Ganztags-Grundschule« (Teil 4)



Eine Schule mit einem Nachmittagsangebot sei da ein Schritt in die richtige Richtung. Ziel müsse jedoch die selbstständige Schule sein, die ein Ganztagsangebot unterbreite. In dieser Zukunftsschule könnten pädagogische, fachliche, jugend- und sozialpolitische Aspekte mit Feldern der Ernährung, Motorik und Kreativität zusammen kommen. Eine Schule von »9 bis 4« könne mit Belastung und Entspannung arbeiten, besondere Übungs- und Fördermaßnahmen bereit halten, neue Formen gegenseitigen Lernens organisieren. Wesentlich sei auch die Mittagsverpflegung: »Eine der wichtigsten zeremoniellen Handlungen«. Man müsse allerdings aufpassen, dass das Modell der OGG sich auch in diese Richtung entwickele und sich nicht zum dauerhaften Status Quo entwickle. Und Hurrelmann lehnte ganz deutlich die simple Ausweitung des Unterrichts auf den Nachmittag ab: »Eine Halbtagsschule, die sich auf den ganzen Tag ausdehnt: Da mache ich nicht mit«.

Ganztagsschulen müssen nach Hurrelmanns Vorstellungen multiprofessionell sein und das Kollegium nicht nur als LehrerInnen bestehen. Auch ErzieherInnen und SozialpädagoInnen gehören für Hurrelmann in die Schule. Die OGG nun biete ein Nachmittagsangebot, andere Fachkräfte könnten in die Schule hinein. Hurrelmann warnte vor »schnellem Nein-Sagen«: »Wir haben einen Reformstau und kommen hier nur durch Zwischenschritte weiter«.

Norbert Reichel, Sachbearbeiter im NRW-Jugend- und Bildungsministerium, stimmte Hurrelmann zu. Er fasste den Erlass in zwei Sätzen zusammen: »Mehr Zeit für Kinder« und »Schule ist mehr als Unterricht«. Es solle das Prinzip der Offenheit herrschen, auch unter stärkerer Beteiligung der Eltern. »Wir wollen ein kooperatives Modell«. Er unterstrich, dass man das Nebeneinander im System beseitigen wolle. Im Klartext: Ab 2007 soll es in NRW keine Horte für Schulkinder mehr geben. »Es kann nicht sein, dass wir in einer Einrichtung 20 hochwertige Hortplätze haben und sich draußen an der Scheibe Hunderte Kinder die Nase platt drücken«. Fünf Prozent der Grundschulkinder in NRW haben derzeit einen Hortplatz.

Ute Koczy, kinder- und jugendpoltische Sprecherin der Grünen im NRW-Landtag, bestätigte die Umverteilung: Für das neue System stehe pro Kind weniger zur Verfügung als im jetzigen Hortsystem, aber mehr Kinder könnten davon profitieren. Nach den jetzigen Planungen will das Land 1.230 Euro pro Jahr für ein Kind, welches die OGG nutzt, zur Verfügung stellen. Sie betonte, dass auf Grund knapper Kassen im Moment mehr nicht möglich sei.

Grundsätzliche Zustimmung, aber auch konkrete Bedenken formulierte Sergio Show vom Diakonischen Werk Münster. Positiv hob er die neuen Gestaltungsspielräume der OGG hervor: »Man sollte die Erziehung junger Menschen nicht nur dem Staat überlassen«, mahnte aber, dabei die Integration nicht aus den Augen zu verlieren. Menschen mit Lernbehinderungen müssten in die OGG integriert werden. Auf die Frage aus dem Publikum, wie denn die Landesregierung soziale Segregation zu verhindern denke, plädierte Koczy für ein kluges Vorgehen. »Wenn erst mal ein paar Kinder an dem Angebot teilnehmen und es gut finden, wollen die anderen auch mitmachen«. Sie hofft auf eine Sogwirkung. Zwar sei es den Kommunen freigestellt, den Elternbeitrag für das Nachmittagsangebot selbst zu staffeln – das Angebot wird nicht kostenfrei sein – doch werde man den Kommunen auch vorschreiben, sogenannte »Nullbeiträge« für finanzschwache Familien vorzusehen.