Webwecker Bielefeld: Umzug ins Ungewisse (28.03.2010)

Umzug ins Ungewisse (28.03.2010)




Die Stadtbibliothek zieht ins Amerikahaus. Wann, wie und mit welchen Folgen, bleibt offen. Eine Bestandsaufnahme von Matthias Harre

 

Die Ampelkoalition auf Ratsebene hat es festgeschrieben: Stadtarchiv und Stadtbibliothek ziehen um ins Amerikahaus. Nicht rückgängig zu machen ist der Mietvertrag mit dem ›H.F.S Immobilienfonds Deutschland‹, der dem Fonds über 25 Jahre sichere Einnahmen beschert und der Stadt ebenso sichere Ausgaben von 1,5 Millionen Euro. Bei festgeschriebener jährlicher Steigerung um 1,5 Prozent. Dass die frühe städtische Unterschrift unter den Mietvertrag den gewünschten Verkauf an die Bielefelder Wohnungsgesellschaft (BGW) platzen ließ, wird im Rathaus entweder gar nicht kommentiert oder anonym begründet als »Fehler, bei dem man nicht nachkarten möchte.« Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern geht also weiter. Ob der Umzug die »auf Dauer wirtschaftlichere Variante« ist, wie Klaus Rees (Grüne) argumentiert, oder ob die »Verlegung in eine Privatimmobilie auf Dauer schadet«, wie Babara Schmidt (Linke) meint, ist aber nur ein Teil des Problems.

Zwischen hoffen und bangen

Die neue Adresse, die für die seit Jahrzehnten unterversorgte Stadtbibliothek auch den Anschluss an einen modernen Bibliotheksstandard bringen soll, ist noch mit anderen Erwartungen verbunden.

Die Umwidmung des ›Amerikahauses‹  in das ›Haus der Bildung‹  soll das gesamte Areal vom Alten Friedhof über die Wilhelmstrasse, vom Kesselbrink bis zum Neumarkt und der Paulusstrasse aufwerten.

An diesem Quartier arbeitet sich der Rat in wechselnden Mehrheiten seit Jahrzehnten ab und eben so lang fehlt eine schlüssige Stadtplanung. Die Alte Post steht seit Jahren leer. Interessenten und Finanziers für ein angedachtes Einkaufszentrum sind nicht bekannt. Das Telekomhochhaus hat nicht an Anziehungskraft gewonnen und Ideen zur Umgestaltung des Kesselbrinks gab es viele. Aber selbst die für eine mögliche Bebauung notwendige Verschüttung der Tiefgarage scheiterte regelmäßig am Widerstand der Autolobby, die jeden Parkplatz eifersüchtig verteidigt. Die angedachten Quartiersbusse zur besseren Erreichbarkeit von Bibliothek und Archiv werden kaum ausreichen, um zusammen mit einer erforderlichen Verkehrsberuhigung den Bezirk attraktiver zu machen.

Neues Problem: alte leere Bibliothek

Als neues Problem hat die Stadt dann eine leere alte Stadtbibliothek. Die wird wohl veräußert werden müssen. Denn allein für neue Tresen, Regale – eben die gesamte Innenausstattung im Publikumsbereich am neuen Standort – werden bislang eine Million Euro veranschlagt. Die alten Möbel und Computer aus den Mitarbeiterbüros werden wohl auch im  ›Haus der Bildung‹ ihren Dienst tun müssen.Nach wie vor regiert also der Grundsatz ›Glaube, Liebe, Hoffnung‹, wenn über die städtebauliche Zukunft der Stadtmitte spekuliert wird. Immerhin – viel Raum für Kontroversen.