Die Stadtbibliothek zieht ins Amerikahaus. Wann, wie und
mit welchen Folgen, bleibt offen. Eine Bestandsaufnahme von Matthias Harre
Die Ampelkoalition auf Ratsebene hat es festgeschrieben:
Stadtarchiv und Stadtbibliothek ziehen um ins Amerikahaus. Nicht rückgängig zu
machen ist der Mietvertrag mit dem H.F.S Immobilienfonds Deutschland, der dem
Fonds über 25 Jahre sichere Einnahmen beschert und der Stadt ebenso sichere
Ausgaben von 1,5 Millionen Euro. Bei festgeschriebener jährlicher Steigerung um
1,5 Prozent. Dass die frühe städtische Unterschrift unter den Mietvertrag den
gewünschten Verkauf an die Bielefelder Wohnungsgesellschaft (BGW) platzen ließ,
wird im Rathaus entweder gar nicht kommentiert oder anonym begründet als »Fehler,
bei dem man nicht nachkarten möchte.« Der Streit zwischen Befürwortern und
Gegnern geht also weiter. Ob der Umzug die »auf Dauer wirtschaftlichere
Variante« ist, wie Klaus Rees (Grüne) argumentiert, oder ob die »Verlegung in
eine Privatimmobilie auf Dauer schadet«, wie Babara Schmidt (Linke) meint, ist
aber nur ein Teil des Problems.
Zwischen hoffen und bangen
Die neue Adresse, die für die seit Jahrzehnten
unterversorgte Stadtbibliothek auch den Anschluss an einen modernen
Bibliotheksstandard bringen soll, ist noch mit anderen Erwartungen verbunden.
Die Umwidmung des Amerikahauses in das Haus der Bildung
soll das gesamte Areal vom Alten Friedhof über die Wilhelmstrasse, vom
Kesselbrink bis zum Neumarkt und der Paulusstrasse aufwerten.
An diesem Quartier arbeitet sich der Rat in wechselnden
Mehrheiten seit Jahrzehnten ab und eben so lang fehlt eine schlüssige
Stadtplanung. Die Alte Post steht seit Jahren leer. Interessenten und
Finanziers für ein angedachtes Einkaufszentrum sind nicht bekannt. Das Telekomhochhaus
hat nicht an Anziehungskraft gewonnen und Ideen zur Umgestaltung des
Kesselbrinks gab es viele. Aber selbst die für eine mögliche Bebauung
notwendige Verschüttung der Tiefgarage scheiterte regelmäßig am Widerstand der
Autolobby, die jeden Parkplatz eifersüchtig verteidigt. Die angedachten
Quartiersbusse zur besseren Erreichbarkeit von Bibliothek und Archiv werden
kaum ausreichen, um zusammen mit einer erforderlichen Verkehrsberuhigung den
Bezirk attraktiver zu machen.
Neues Problem: alte leere Bibliothek
Als neues Problem hat die Stadt dann eine leere alte
Stadtbibliothek. Die wird wohl veräußert werden müssen. Denn allein für neue
Tresen, Regale eben die gesamte Innenausstattung im Publikumsbereich am neuen
Standort werden bislang eine Million Euro veranschlagt. Die alten Möbel und
Computer aus den Mitarbeiterbüros werden wohl auch im Haus der Bildung ihren Dienst tun müssen.Nach wie vor regiert
also der Grundsatz Glaube, Liebe, Hoffnung, wenn über die städtebauliche
Zukunft der Stadtmitte spekuliert wird. Immerhin viel Raum für Kontroversen.