Eine innerstädtische Exkursion zu den Kleingartenvereinen
ist immer schön. Und zum Höhepunkt zählt ein Besuch der Gartenlokale, weiß
Norbert Schaldach
Wenn der Frühling keimt, werden die Bewohner des Bielefelder
Westens zu urbanen Wandervögeln. Auf der Suche nach den grünen Flecken ihrer
Stadt laufen sie zielsicher die Gaststuben der Kleingärten an. Besonders
beliebt: Almblick, ein Gasthaus, das vom prachtvollen Kleingartenverein
Schlosshof umgeben ist. Sobald die Sonne regiert, steht den Gästen ein
astreiner Biergarten zur Verfügung. Und die unmittelbare Nachbarschaft zum
Arminia-Stadion garantiert ein imposantes Sportpanorama.
Hier kann keine Fototapete mithalten. Ebenfalls
mustergültig: Beim Almblick herrscht keine piefige »Draußen nur
Kännchen!«-Diktatur, hier bestimmt König Gast die Maßeinheit. Gern serviert der
nette Wirtsneffe Gökhan Saron hübsche, kleine Pilstulpen, mit denen sich der
Wanderdurst elegant mildern lässt. Auch die Bestellung fester Nahrung führt zu
einem redlichen Ergebnis: freundliche Schnitzel, auf Wunsch getunt (mit
Spiegelei), dazu schmucke Bratkartoffeln und artige Salate. Nach vollzogenem
Mahl bitten kluge Gäste Wirt Taner Demircivi um ein Gläschen seines charmanten
Marillenbrands. Der räumt ganz sanft auf.
Am Nebentisch widmet sich Kleingartenveteran Rolf Morchner
erfolgreich seinem Feierabendpils. Bereitwillig plaudert der gute Mann über das
bunte Leben eines Kleingärtners. Doch beim Bericht über die Kleingartenfauna
schwingt Bedauern mit. Es ließen sich, seufzt Morchner, keine Ratten blicken.
Die possierlichen Nager zögen offenbar das Arminia-Stadion vor. Kein Wunder,
argwöhnt er, denn nach jedem Spiel blieben dort wohl attraktive Imbissreste
zurück. Da könne kein noch so abwechslungsreich gestalteter Komposthaufen
mithalten. Voller Anteilnahme stoßen wir mit einem trostspendenden
Abschlusspils an.
Über sieben Hügel
Ebenfalls hochgelobt wird die Gartenklause Sieben Hügel.
Sie betreut die fabelhafte Kleingartenanlage Am Berge, die mit einem
sensationellen Fernblick gesegnet ist. Um dieses goldene Bild zu genießen,
verzichtet man (ausnahmsweise) auf die Anreise im Mittelklassewagen (mit
Umweltprädikat) und erwandert sich lustvoll jeden Höhenmeter. Start im
Bürgerpark. An der Wertherstraße ein bissel rechts halten. Dann hoch zur
Roonstraße und den Eingang zum Kleingarten aufspüren. Ab Kleingarten alle zehn
Schritte innehalten und zur Stadt hinunterblicken so kann man das
Prachtpanorama nach und nach wachsen sehen. Eine therapeutische Wirkung ist
garantiert.
Auf diese Weise seelenfroh gestimmt, erreicht man das
Gartenlokal Sieben Hügel mit einem Lächeln im Gesicht. Das sieht Wirtin
Angela Looschelders immer gern und stellt sich, nach freundlicher Begrüßung,
als die sprechende Speisekarte vor. Berühmt sind ihre herzlichen Frikadellen
(auf Wunsch mit Schafkäse-Intarsien), dazu werden saftige Senfvarianten in
Kilogläsern gereicht. Eine Schar Herren mit bergtauglichen Fahrrädern fällt mit
großem Sportlerdurst ein, außerdem päppelt Angela Looschelders versprengte
Einzelwanderer auf. Am größten Tisch tagt heute der Vorstand des
Kleingartenvereins. Das nächste Sommerfest wird vorbereitet. Am zweiten
Juliwochenende lässt es der Verein im Bündnis mit der Gartenklause so richtig
krachen: Bier & Grillwurst, selbst gebackener Kuchen, Musik & Tanz. Ein
fröhliches Fest hoch über Bielefeld, zu dem übrigens (Obacht: Tipp des Monats!)
auch jeder vereinsfremde Gast herzlich willkommen ist.
Info:
Norbert Schaldach gehört zu den Bielefelder Flaneuren,
welche ihre Erlebnisse unter www.bielefelder-flaneure.de veröffentlichen.