Webwecker Bielefeld: Bielefelds grüne Flecken (28.03.2010)

Bielefelds grüne Flecken (28.03.2010)



Eine innerstädtische Exkursion zu den Kleingartenvereinen ist immer schön. Und zum Höhepunkt zählt ein Besuch der Gartenlokale, weiß Norbert Schaldach

 

Wenn der Frühling keimt, werden die Bewohner des Bielefelder Westens zu urbanen Wandervögeln. Auf der Suche nach den grünen Flecken ihrer Stadt laufen sie zielsicher die Gaststuben der Kleingärten an. Besonders beliebt: ›Almblick‹, ein Gasthaus, das vom prachtvollen Kleingartenverein Schlosshof umgeben ist. Sobald die Sonne regiert, steht den Gästen ein astreiner Biergarten zur Verfügung. Und die unmittelbare Nachbarschaft zum Arminia-Stadion garantiert ein imposantes Sportpanorama.

Hier kann keine Fototapete mithalten. Ebenfalls mustergültig: Beim Almblick herrscht keine piefige »Draußen nur Kännchen!«-Diktatur, hier bestimmt König Gast die Maßeinheit. Gern serviert der nette Wirtsneffe Gökhan Saron hübsche, kleine Pilstulpen, mit denen sich der Wanderdurst elegant mildern lässt. Auch die Bestellung fester Nahrung führt zu einem redlichen Ergebnis: freundliche Schnitzel, auf Wunsch getunt (mit Spiegelei), dazu schmucke Bratkartoffeln und artige Salate. Nach vollzogenem Mahl bitten kluge Gäste Wirt Taner Demircivi um ein Gläschen seines charmanten Marillenbrands. Der räumt ganz sanft auf.

Am Nebentisch widmet sich Kleingartenveteran Rolf Morchner erfolgreich seinem Feierabendpils. Bereitwillig plaudert der gute Mann über das bunte Leben eines Kleingärtners. Doch beim Bericht über die Kleingartenfauna schwingt Bedauern mit. Es ließen sich, seufzt Morchner, keine Ratten blicken. Die possierlichen Nager zögen offenbar das Arminia-Stadion vor. Kein Wunder, argwöhnt er, denn nach jedem Spiel blieben dort wohl attraktive Imbissreste zurück. Da könne kein noch so abwechslungsreich gestalteter Komposthaufen mithalten. Voller Anteilnahme stoßen wir mit einem trostspendenden Abschlusspils an.

Über sieben Hügel

Ebenfalls hochgelobt wird die Gartenklause ›Sieben Hügel‹. Sie betreut die fabelhafte Kleingartenanlage ›Am Berge‹, die mit einem sensationellen Fernblick gesegnet ist. Um dieses goldene Bild zu genießen, verzichtet man (ausnahmsweise) auf die Anreise im Mittelklassewagen (mit Umweltprädikat) und erwandert sich lustvoll jeden Höhenmeter. Start im Bürgerpark. An der Wertherstraße ein bissel rechts halten. Dann hoch zur Roonstraße und den Eingang zum Kleingarten aufspüren. Ab Kleingarten alle zehn Schritte innehalten und zur Stadt hinunterblicken – so kann man das Prachtpanorama nach und nach wachsen sehen. Eine therapeutische Wirkung ist garantiert.

Auf diese Weise seelenfroh gestimmt, erreicht man das Gartenlokal ›Sieben Hügel‹ mit einem Lächeln im Gesicht. Das sieht Wirtin Angela Looschelders immer gern und stellt sich, nach freundlicher Begrüßung, als ›die sprechende Speisekarte‹ vor. Berühmt sind ihre herzlichen Frikadellen (auf Wunsch mit Schafkäse-Intarsien), dazu werden saftige Senfvarianten in Kilogläsern gereicht. Eine Schar Herren mit bergtauglichen Fahrrädern fällt mit großem Sportlerdurst ein, außerdem päppelt Angela Looschelders versprengte Einzelwanderer auf. Am größten Tisch tagt heute der Vorstand des Kleingartenvereins. Das nächste Sommerfest wird vorbereitet. Am zweiten Juliwochenende lässt es der Verein im Bündnis mit der Gartenklause so richtig krachen: Bier & Grillwurst, selbst gebackener Kuchen, Musik & Tanz. Ein fröhliches Fest hoch über Bielefeld, zu dem übrigens (Obacht: Tipp des Monats!) auch jeder vereinsfremde Gast herzlich willkommen ist.

 

Info:
Norbert Schaldach gehört zu den ›Bielefelder Flaneuren‹, welche ihre Erlebnisse unter www.bielefelder-flaneure.de veröffentlichen.